Dr. E. M., Allgemeinärztin, Nordrhein: Seit Jahren ermittle ich mit meinem Steuerberater den Gewinn der Praxis mithilfe einer Einnahmenüberschussrechnung. Ein Kollege erzählte mir nun, dass sein Steuerberater eine Bilanzierung bevorzuge, da er so die Wirtschaftlichkeit der Praxis besser darstellen könne. Auch die Investitionsplanung bringe steuerliche Vorteile! Ist das richtig?
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Zumindest in der Vergangenheit hat die überwiegende Zahl der niedergelassenen Ärzte die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) bevorzugt. Auch Steuerberater schätzen den geringeren Aufwand. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einige Steuerberater, die eine Bilanz erstellen, ohne dafür mehr zu berechnen als für eine EÜR.
Grundsätzlich ist eine EÜR eine schmalere Form des Jahresabschlusses. Sie ermittelt durch die Gegenüberstellung von Praxiseinnahmen und -ausgaben den verbleibenden Gewinn. Das reicht für die Steuererklärung aus — den wirtschaftlichen Status, also v. a. die Vermögenswerte des Wirtschaftsbetriebs Praxis, präsentiert die EÜR aber nicht. Somit fehlen wichtige Daten für die Liquiditäts- und Finanzplanung: die Verbindlichkeiten gegenüber Banken (Kredite), aber auch Forderungen gegenüber Patienten (offene Liquidationen). Und das Steuerrecht ist so gestrickt, dass sich die mittlere Planung schon auf die aktuelle Steuererklärung auswirken kann.
Jede Praxis kommt in die Situation, in neue Geräte, EDV oder ein neues Praxisfahrzeug investieren zu wollen oder gar zu müssen. Ist z. B. spätestens in drei Jahren ein neues Sonografiegerät notwendig, kann diese geplante Investition bei Bilanzierung steuerlich schon im laufenden Wirtschaftsjahr als sogenannter Investitionsabzugsbetrag berücksichtigt werden. Dies mindert die Einkommensteuer und stellt die Liquidität für die geplante Investition sicher.
Höherer Investitionsabzug möglich
Eine EÜR erlaubt einen solchen Investitionsabzug vorab nur bis zu einem Praxisgewinn bis 100.000 Euro. Bei den meisten Praxen liegt der Überschuss aber deutlich höher. Mit der Bilanzierung werden aber auch die Verbindlichkeiten (Schulden) der Praxis berücksichtigt. Und der Grenzwert für den Investitionsabzug beläuft sich in der Bilanz auf 235.000 Euro an Betriebsvermögen. Diesen „Vermögenswert Praxis“ unterschreiten viele Praxen. Durch den Abschluss per Bilanz statt per EÜR können also im aktuellen Jahr Steuern gespart werden — und unter Umständen sogar eine spätere Kreditaufnahme für die Investition vermieden werden.
Auch in der Gründungsphase geht es in der Regel nicht ohne Kredite. Eine Bilanzierung präsentiert dem Banker die wirtschaftliche Situation klarer und führt oft zu besseren Kreditkonditionen.
Spätestens bei der Praxisübergabe an einen Nachfolger ist eine Bilanzierung dann sowieso fällig. Jeder Nachfolger will schließlich wissen, mit welchen Verbindlichkeiten er rechnen muss.
Die Frage der höheren Kosten für die Bilanz ist nicht nur Verhandlungssache beim Steuerberater. Sie erledigt sich häufig von selbst durch eingesparte Einkommensteuer!
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Walbert, H. Schnöde EÜR oder lieber Bilanzierung?. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 34 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0612-7
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