Die Bundesregierung hat allen Menschen in Deutschland einen Anspruch auf einen Coronavirus-Test eingeräumt — auch wenn keine Infektionssymptome vorliegen. Dafür müssen sie allerdings zum öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) gehen. Für Ärzte ändert sich zunächst nichts.

Rückwirkend zum 14. Mai 2020 haben alle Menschen in Deutschland — selbst wenn sie privat oder überhaupt nicht versichert sind — auch dann Anspruch auf einen Labortest auf eine Infektion mit SARS-CoV-2, wenn keine Infektionssymptome vorliegen. Solche Leistungen dürfen aber nur durch die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) der Länder erbracht — oder von diesen an „geeignete Dritte“ delegiert werden.

Wegen der Zuständigkeit des ÖGD ändert sich für unsere Praxen erst einmal nichts! Es bleibt dabei, dass COVID-19-Fälle in der Praxis mit dem ICD-Code „U07.1“ gekennzeichnet werden, wenn das Virus labordiagnostisch nachgewiesen wurde. Für begründete „Verdachtsfälle“, wenn eine klinisch-epidemiologische COVID-19-Erkrankung nach der Falldefinition des Robert-Koch-Instituts diagnostiziert vorliegt, der SARS-CoV-2-Labortest aber negativ ausgefallen ist, gibt es den Code „U07.2“.

In beiden Fällen kann die Praxis auch weiterhin Abstriche zur Testung machen und an ein Labor überweisen. Alle Leistungen bei solchen Patienten können mit der Pseudoziffer 88 240 gekennzeichnet werden und werden damit extrabudgetär vergütet!

MMW-Kommentar

figure 1

© BlackJack3D / Getty Images / iStock

Neu ist, dass wir Fälle, bei denen wir keine Indikation für eine Testung sehen, an das zuständige Gesundheitsamt verweisen können! Seit dem 1. Juni 2020 gibt es sogar einen neuen ICD-Code für die Veranlassung von nicht kurativen Corona-Tests bei symptomfreien Personen: „U99.0!“. Es handelt sich dabei um eine Sekundärschlüsselnummer, die durch das Ausrufezeichen gekennzeichnet ist. Es muss deshalb mindestens ein weiterer ICD-Code beigefügt werden — in diesem Fall „Z11“ für „Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krankheiten“.

Die Bundesregierung hat die Tests bei asymptomatischen Patienten vermutlich deshalb eingeschränkt, um eine übermäßige Ausweitung zu verhindern. Dieses Angebot, den ÖGD als „Bremser“ zu nutzen, sollten wir annehmen.

Vorsicht ist in der Praxis bei Privatpatienten geboten, insbesondere bei solchen, die ihre Erstattungen über die Beihilfe oder als Bahn- und Post-B-Versicherte erhalten. Deren Kassen könnten eine Kostenübernahme tatsächlich verweigern, sodass diese Patienten uns dann „böse sein“ könnten. Der nun gebahnte Weg über den ÖGD mag umständlich sein, schützt diese Versichertengruppe aber vor einem solchen Schaden.

figure 2

Coronavirus-Test im Außenbereich.

© Michael Kappeler / dpa / picture alliance

Offen ist die Frage der Auswirkung der Verordnung auf die Veranlassung von SARS-CoV-2-Antikörpertests. Ausgeschlossen werden sie nicht, sie sind lediglich in dieses „Programm“ nicht eingeschlossen.

Beachtenswert ist hier aber ein Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner Sitzung vom 10. Juni 2020. KBV und GKV-Spitzenverband haben sich darauf verständigt, den Status Quo zunächst beizubehalten, der eine Abrechnung als ähnliche Untersuchung mit der Nr. 32 641 EBM vorsieht. Sobald neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Aussagekraft der Antikörpertestungen hinsichtlich der Immunität vorliegen, will man sich aber wieder beraten. Ein Antikörpertest ohne direkten, zeitnahen Bezug zu einer klinischen COVID-19-Symptomatik ist nach diesem Beschluss deshalb zunächst weiterhin keine vertragsärztliche Leistung.

S. 35: Was tun bei Corona-App-Warnung?