In Zeiten von Kontaktsperren rasseln bei vielen Praxen die Umsätze in den Keller. Die zuständige KV kann theoretisch finanzielle Spritzen verteilen. Ob Ihre Praxis dafür infrage kommt, hängt von ihrer Leistungsstruktur und -entwicklung ab.

figure 1

© Mauro Rodrigues / stock.adobe.com

figure 2

© vege / stock.adobe.com

Im § 87a Abs. 3a SGB V ist geregelt, dass die KV eine Ausgleichszahlung vornehmen kann, wenn sich das Gesamthonorar einer vertragsärztlichen Praxis um mehr als 10% gegenüber dem Vorjahresquartal mindert und der Grund ein Fallzahlrückgang in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses ist. Die Ausgleichszahlung ist allerdings beschränkt auf Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gezahlt werden, z. B. Präventionsleistungen und Impfungen. Inwieweit auch andere extrabudgetäre Honorare — etwa bei Disease-Management-Programmen (DMP) — gestützt werden, ist bisher nicht geklärt.

Bei Honorarverlusten aus der morbiditätsbedingten („gedeckelten“) Gesamtvergütung gibt es dagegen nur einen indirekten Anspruch auf Ausgleich, der aus dem § 87b Abs. 2 SGB V resultiert. Dieser betrifft Situationen, in denen die Fallzahl aus den oben genannten Gründen so weit sinkt, dass die Fortführung der Arztpraxis gefährdet ist. Die KV muss dann zeitnah im Benehmen mit den Kassen Regelungen im Verteilungsmaßstab vornehmen, die eine Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit ermöglichen. Die Kassen müssen solche außerordentlichen Maßnahmen laut § 105 Abs. 3 SGB V bezahlen, wenn sie der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (§ 5 Abs. 1 IfSG) dienen.

MMW-Kommentar

Streng genommen dürften die Vertragsärzte also im Jahr 2020 insgesamt kein Honorar verlieren. Honorartechnisch gesehen dürfte also schlimmstenfalls eine Nullrunde resultieren. Die einzelne Praxis kann natürlich trotzdem verlieren — immerhin werden die KVen die Stützungsmaßnahmen über den Honorarverteilungsmaßstab umsetzen, und der ist bekanntlich „unberechenbar“! Da extrabudgetäre Leistungen nur zu 90% gestützt werden, können Praxen mit einem hohen Anteil solcher Leistungen deutlich verlieren.

Problematisch ist insbesondere, dass für den finanziellen Ausgleich ausschließlich ein Fallzahlrückgang beachtet wird. Wer also in den Quartalen 2020 die Fallzahl stabil hält, aber einen Fallwertrückgang hat, weil z. B. die Patienten seltener kommen, geht bei der Stützung leer aus. Umgekehrt könnte eine Praxis aber auch profitieren, wenn der Fallwert unverändert bleibt oder sogar steigt, aber ein Fallzahlverlust vorliegt. Dann würde die Praxis gestützt, obwohl sie insgesamt keinen Verlust hat.

Eine reine Privatpraxis oder eine Praxis mit einem hohen Anteil an Privatpatienten wiederum wäre bei einem Fallzahlrückgang besonders gefährdet, da sich die gesetzlichen Ausgleichsmechanismen nur auf die vertragsärztliche Tätigkeit beziehen.

In solchen Fällen könnte ein Ausfallsausgleich durch die Reduktion von Personalkosten erzeugt werden. Betroffene Praxen können bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld für die Angestellten beantragen. Nach einer internen Weisung soll dies bei Arztpraxen zwar grundsätzlich nicht möglich sein, allerdings ausschließlich bezogen auf den vertragsärztlichen Anteil.

Losgelöst von alledem besteht grundsätzlich aber auch ein Anspruch nach § 56 IfGS, wenn der Praxisbetrieb aus infektionsschutzrechtlichen Gründen durch die zuständige Behörde untersagt wird. In diesem Fall werden Verluste des Praxisinhabers und auch der angestellten Mitarbeiter ausgeglichen. Zuständig sind hier in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Behörden wie Gesundheitsämter, das Ordnungsämter oder Sozialministerien.