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Prof. Dr. med. H. J. Heppner Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke

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Mit dem Feinstaub kommt die Depression.

© Yuliia Afanasieva / Getty Images / iStock

Studien aus den USA und Dänemark zeigen einen besonders starken Zusammenhang, wenn die Betroffenen in der schlechten Luft aufgewachsen sind. Bipolare Störungen treten dann um 30% häufiger auf, Depressionen sogar um 50% häufiger.

Weltweit erhobene Daten zeigen auf, dass Menschen, die in stark verschmutzter Luft leben, häufiger depressiv und suizidgefährdet sind. Unstrittig ist, dass Luftverschmutzung die geistige Gesundheit schädigt. Forscher aus London zeigen dies auch in einem systematischen Review aller einschlägigen Arbeiten bis 2017 mit anschließender Metaanalyse von neun selektierten Studien. Es ergab sich ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung, Depression und Suizid.

In fünf Studien wurde eine mindestens sechsmonatige Exposition gegenüber Feinstaubpartikeln bis zu 2,5 μm (PM2,5) mit der Depressionsrate verglichen. Mit jedem Anstieg der Feinstaub-Konzentration um 10 μg/m3 lag das Erkrankungsrisiko um 10% höher. Dabei reichten die Messwerte für PM2,5 von 6 μg/m3 (Ottawa/Kanada) bis 114 μg/m3 (Dehli/Indien). Andere Studien zeigten ein um 2% erhöhtes Suizidrisiko, wenn die Belastung mit Feinstaubpartikeln bis 10 μm (PM10) über 3 Tage hinweg anstieg.

MMW-Kommentar

Wirklich überraschend sind diese Ergebnisse nicht, da bekannt ist, dass sich bestimmte Luftschadstoffe auf das zentrale Nervensystem auswirken. Die Autoren verweisen zudem auf Limitationen ihrer Metaanalyse, die sich aus der Heterogenität der ausgewerteten Studien ergeben. Die klaren Korrelationen sind aber durchaus spannend. Dicke Luft scheint tatsächlich schlechte Stimmung zu machen. Natürlich ist es immer schwierig, im Nachhinein alle Faktoren korrekt zu erfassen, und auch die Teilnehmerzahl ist nicht immer ausreichend. Vieles hängt auch davon ab, wie Todesarten klassifiziert werden und ob in der untersuchten Region ein „Underreporting“ für Suizid vorliegt. Dennoch zeigt die Arbeit nachvollziehbare Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und psychischen Krankheiten. Weitere Forschung in diesem Bereich ist nötig.

Spannend werden die Auswertungen der Zeit der Coronavirus-Pandemie. Der nahezu vollständige Shutdown wird sicher die Luftverschmutzung mindern — nicht nur in China und Indien. Wird sich dies auf die Lebensqualität der Menschen und damit verbunden auf die Depressions- und Suizidrate auswirken?