„Ich will doch nur eben die Gelbfieberimpfung!“, hören wir von vielen Patienten wenn sie bei uns den vorbereitenden Fragebogen ausfüllen müssen. Die Reaktionen sind teils unwillig, teils verärgert. Man hat doch schon woanders seine Beratung erhalten — wozu denn jetzt nochmal der Aufwand?

Doch es handelt sich keineswegs um eine Pro-forma-Angelegenheit! Bei der Frage nach chronischen Erkrankungen und Dauermedikation stieß ich z. B. bei einem Mittvierziger auf einen mir unbekannten Medikamentennamen. „Das bekomme ich nur für die Haut, meine Psoriasis, eine Spritze einmal monatlich, nichts Schlimmes!“, wiegelte er ab.

Mir kam aber ein Verdacht, und in der Tat: Es handelte sich um ein Biological zur Immunsuppression, das einen Abstand von zwei Monaten zur Gelbfieberimpfung braucht. Die letzte Injektion war zwei Wochen zuvor, die Reise begann in drei Wochen. Somit war nur ein Exemption Certificate möglich: „Kann aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden!“ Der Patient fiel aus allen Wolken.

Noch haarsträubender lief es bei dem jungen Mann, der den Fragebogen auffallend schnell ausfüllte. Keine chronischen Erkrankungen, keine Dauermedikation, Unterschrift, fertig. Ich bat ihn ins Konsultationszimmer. Beim Durchblättern des Impfausweises fiel mir der Stempel einer renommierten HIV-Schwerpunktpraxis auf. Ich stutzte und sprach ihn darauf an. Nun errötete er und meinte beschämt, dass er über seine HIV-Infektion nicht gern spreche. Mir klappte der Unterkiefer herunter.

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„Und Sie nehmen sicher keine Immunsuppressiva?!“

© Dmitriy / stock.adobe.com (Symbolfoto mit Fotomodell)

Ich atmete tief durch und erklärte ihm, dass ich ihm die Gelbfieberimpfung nur verabreichen könne, wenn mir die aktuelle Zahl der CD4-Helferzellen vorliege und diese ausreichend hoch sei. In der Literatur sind Todesfälle bei Lebendimpfung von Immunsupprimierten beschrieben!

Im Hinausgehen drehte er sich noch einmal um und entschuldigte sich für seine Lüge. Ich hoffe, dass er an dem Tag etwas gelernt hat!