figure 1

Gespinst des Eichenprozessionsspinners.

Nest: © marnag / Getty Images / iStock; Arm: © C. Raschka

figure 2

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Christoph Raschka

Die gezielte Nachfrage ergab, dass sich ihr Liegeplatz im Schwimmbad vier Meter entfernt von einer allein stehenden Eiche befunden hatte. An dieser hatte sich, wie mir später bestätigt wurde, ein Nest mit den Raupen des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processionea) befunden. Die Tiere sind mit Brennhaaren besetzt, die schon bei normalen Kriechbewegungen leicht abbrechen und insbesondere bei trocken-warmer Witterung mit dem Wind weite Strecken durch die Luft getragen werden. Sie enthalten das Nesselgift Thaumetopoein.

Beim Menschen und bei vielen Tieren penetrieren die Brennhaare Haut und Schleimhäute und setzen sich dort mit ihren Widerhaken fest. Innerhalb von 24 Stunden tritt eine pseudoallergische Reaktion in Form von Quaddeln (Kontakt-Urtikaria), Pusteln, Pruritus, insektenstichähnlichen, häufig aufgekratzten Papeln und einem Erythem auf. Das Einatmen der Brennhaare kann Bronchitis, Pharyngitis, Dyspnoe, Asthmabeschwerden, Schwindel, Übelkeit, Fieber und Schüttelfrost auslösen, selten sogar einen allergischen Schock. Bei Kontakt mit den Augen drohen Horn- und Bindehautentzündungen.

Meine Patientin wurde erfolgreich mit Cetirizin p. o. sowie einer Kortisoncreme therapiert. Ganz akut sollte nach dem Kontakt schnellstmöglich die Kleidung gewechselt werden und ein Duschbad mit Haarreinigung erfolgen.

Der Eichenprozessionsspinner breitet sich aufgrund klimatischer Veränderungen seit Jahren stark in Deutschland aus. Die gesellig lebenden Raupen bauen ihre bis zu einem Meter langen Gespinste bevorzugt an einzeln oder am Waldrand stehende Eichenbäume. Sie kommen aber auch an Straßenrändern, in Parks und im urbanen Bereich vor. Die giftigen Brennhaare entwickeln sich im Mai und im Juni. In dieser Zeit ist das Risiko für Menschen am höchsten. Allerdings sammeln sich die Haare durch die Häutung der Tiere auch in den Nestern an. Diese bleiben dadurch gefährlich, lange nachdem sie verlassen wurden — bis zu zehn Jahre lang.