Im Spätherbst kam ein 66-jähriger Patient mit schmerzenden, blau verfärbten Fingern an beiden Händen in die hausärztliche Sprechstunde. Die Beschwerden traten v. a. bei Kälte auf — ein klassisches RaynaudPhänomen. Ansonsten fühlte der Mann sich gesund.
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Im Labor fand sich neben einer leichten Erhöhung des CRP-Werts eine hohe Konzentration von ENAAntikörpern. Die Kälteagglutinine hingegen waren normal. Zusammen mit den auf dem Bild sichtbaren akralen Mottenfraßnekrosen und einer Hypomimie mit Mikrostomie vervollständigte sich die Diagnose einer systemischen Sklerose.
Es erfolgte eine rheumatologische Mitbehandlung mit initialer Prednisolon-Therapie (15 mg in absteigender Dosierung) und der Einleitung einer Therapie mit Hydroxychloroquin 2 × 200 mg/d. Als Hausarztpraxis leiteten wir die systemische Behandlung durch Überweisungen zum Kardiologen und zum Nephrologen ein.
Neben der beschriebenen Hautmanifestation offenbarte sich bei dem Patienten eine Beteiligung von Lungen, Nieren, Herz und Speiseröhre. Im LungenCT fand sich eine Fibrose des Lungenparenchyms mit mittelgradiger Restriktion. Die kardialen Untersuchungen zeigten eine schwere Kardiomyopathie mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion bei regionalen Wandbewegungsstörungen ohne Nachweis einer koronaren Herzerkrankung. Die gastrointestinale Diagnostik erbrachte einen manometrischen Befund passend zu einer ösophagealen Beteiligung. Bei einem mikroskopischen Nachweis von vermehrten Akanthozyten und einer Erythrozyturie bestand der Verdacht auf einen Befall der Nieren.
Der Patient kam nach einem halben Jahr bei einer Uniklinik in Behandlung und erhielt alle vier Wochen Cyclo phosphamid 1.000 mg. Die weitere Medika tion umfasste täglich Prednisolon 5 mg, Ramipril 2,5 mg, Vitamin D3 1.000 I. E., Torasemid 10 mg und Spironolacton 12,5 mg sowie alle 2 Tage Cotrimoxazol 960 mg. Außerdem wurde ihm seitens der Uniklinik ein implantierbarer Kardioverter- Defibrillator (ICD) empfohlen.
Der erste Befund beim Hausarzt war nur die Spitze des Eisbergs. Für die Behandlung eines solchen Patienten ist eine fachrheumatologische bzw. universitätsmedizinische Anbindung unverzichtbar.
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Müller, J. Blaue Finger — ein ominöses Warnzeichen. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 9 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0361-7
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