Manchmal merken wir auch in der Praxis, dass der Ton rauer geworden ist. Einmal kam ein älterer, uns bisher nicht bekannter Mann zur Tür herein und fläzte sich an den Tresen. Bevor er seine Beschwerden mitteilte oder auch nur eine Grußformel sprach und seinen Namen nannte, blaffte er meine Mitarbeiterin an: „Dauert das lang hier?!“ Ich bekam das mit und fand das Verhalten doch recht unhöflich. Weil ich gerade Zeit hatte, ging ich hin, lehnte mich ihm direkt gegenüber an den Tresen und gab ihm die Auskunft: „Nein, das dauert gar nicht lange — Sie können nämlich sofort wieder gehen!“

Keine Chance! Ohne zu zögern und mit beleidigtem Ton gab er stur zurück: „Man wird ja wohl mal fragen können!“ Nun trat meine Mitarbeiterin in Aktion, die solches Verhalten offenbar schon viel besser kannte. Ohne sichtliche Regung erkundigte sie sich, worum es ginge, und alles nahm seinen Lauf.

Anders ging die Situation aus, als sich eine etwa 20-jährige Patientin aus unerfindlichem Grund unzufrieden zeigte und eine aggressive Ansage machte: „Sie reden so mit mir, wie ich das will! Sie sind nämlich nur Dienstleister! Sonst mach ich ’nen Scheiß-Post im Internet!“ Das tat sie dann auch — geschützt durch das Recht auf Meinungsfreiheit.

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„Ich verpass Ihnen so eine schlechte Bewertung ...!“

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Ich überlege, ob ich ein Kommunikationstraining machen sollte — so eines, wo Bedienungen in amerikanischen Fastfood-Restaurants lernen, zuckersüß und eiskalt zu sagen „You’re welcome!“