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Dr. med. Gerd W. Zimmermann Facharzt für Allgemeinmedizin Kapellenstr. 9 D-65719 Hofheim

Grund für die Reform ist das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) von Mai 2019, mit dem die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen im § 106a SGB V neu geregelt wurde. Die bisher von Amts wegen vorgesehene Zufälligkeitsprüfung, für die jedes Quartal eine Stichprobe von mindestens 2% der Ärzte gezogen wurde, wird durch eine Prüfung „auf begründeten Antrag“ ersetzt. Als Hintergrund nennt die KBV den hohen bürokratischen Aufwand bei geringem Nutzen.

Da die bisherige Richtlinienkompetenz der Bundesebene weggefallen ist, haben KBV und GKV-Spitzenverband Rahmenempfehlungen vereinbart. Sie treten am Tag nach der Unterzeichnung in Kraft und müssen danach von den Regional-KVen in die jeweiligen Prüfvereinbarungen eingefügt werden.

MMW-Kommentar:

Bemerkenswert ist zunächst, dass die KBV trotz der sicherlich hohen Arbeitsbelastung im Rahmen der Coronavirus-Pandemie Zeit gefunden hat, sich mit der Ausgestaltung der Drangsalierungsinstrumente zu beschäftigen. Belastet werden durch die Prüfungen nach wie vor die Vertragsärzte „an der Front“. Die Frage darf erlaubt sein, ob dies in diesen schweren Zeiten unbedingt notwendig war.

Schaut man sich die Eckpunkte der Rahmenempfehlung genauer an, fällt auf, dass sich auch in Zukunft nicht allzu viel ändert. Denn die Vereinbarung von Prüfungen nach Durchschnittswerten oder anderer arztbezogener Prüfungsarten sind überhaupt nicht Gegenstand der Rahmenempfehlungen. Das bedeutet, dass die Hauptlast der Prüfungen für die Praxen unverändert bestehen bleibt. Wer mit einzelnen Leis-tungen bzw. Leistungsgruppen oder auch mit der Gesamtheit seiner Leistungen über dem sogenannten Fachgruppenschnitt liegt, muss weiterhin mit Honorarregressen rechnen!

Zusätzlich zu dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen einschließlich Sachkosten können jetzt weitere Prüfungen durchgeführt werden. Dies betrifft die Überweisungen eines Arztes sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische.

Anträge auf eine Wirtschaftlichkeitsprüfung können von einzelnen oder mehreren Krankenkassen oder von der jeweiligen KV bei der („unabhängigen“) Prüfungsstelle gestellt werden. Eine solche Prüfung auf Antrag wird dann stets als Einzelfallprüfung durchgeführt.

Eine statistische Abweichung vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe ist als Prüfungsauslöser nicht erforderlich. Es genügt die Darstellung von Sachverhalten am Beispiel einzelner Patienten, die einen Verdacht auf Unwirtschaftlichkeit nahelegen! Auslöser könnten demnach sein:

  • Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),

  • Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),

  • Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), besonders mit Blick auf die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA),

  • Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, welche zusätzlichen Belastungen dieser Prüfmechanismus nach sich zieht — insbesondere für die Ärzte in der Basisversorgung. Man muss sich künftig auf der Grundlage der „Denke“ von Kassenfunktionären genau überlegen, welche Leistungen man an einem Patienten erbringt oder veranlasst. Insbesondere die Veranlassung dürfte hier von besonderer Bedeutung sein, denn ein Regress für angeblich unnötig in Auftrag gegebene CT-, MRT- oder Laboruntersuchungen kann teuer werden.