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Prof. Dr. med. K. Müssig Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

_ Mit einer Simulation wollten französische Forscher ergründen, welchen Einfluss Nährwert-Kennzeichnungen auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen („Front-of-package nutrition labels“, FoPL) auf die Mortalität haben. Grundlage waren Daten eines laborexperimentellen Wirtschaftstests, der den Effekt verschiedener FoPL auf die Lebensmittelqualität von Haushaltseinkäufen darstellte. Betrachtet wurden die Standards Nutri-Score, Health Star Rating System, Multiple Traffic Lights, Reference Intakes und Système d’étique-tage nutritionnel simplifié (SENS).

Die Ergebnisse wurden dann auf Daten aus einer Beobachtungsstudie zur Nahrungsmittelaufnahme bezogen. So erhielt man Schätzwerte für Nährstoffgehalt und Zusammensetzung von Nahrung mit einem der fünf FoPL oder ohne Kennzeichnung. Anschließend wurde mittels einer Makrosimulationsstudie der Einfluss der FoPL-induzierten Veränderung auf die Mortalität ernährungsbedingter, nicht übertragbarer Erkrankungen abgeschätzt.

Im Ergebnis führten FoPL zu einer erheblichen Reduktion der Mortalität von chronischen Erkrankungen. Spitzenreiter war der Nutri-Score, mit dem 3,4% der betrachteten Todesfälle vermieden werden konnten. Auf den Plätzen folgten Health Star Rating System (2,8%), Reference Intakes (1,9%), Multiple Traffic Lights (1,6%) und SENS (1,1%).

KOMMENTAR

FoPL sind eine effektive Maßnahme, dem Kunden bei einer ernährungsphysiologisch günstigeren Produktauswahl zu helfen [Finkelstein EA et al. Nutrients. 2019;11:E2236]. Die vorliegende Studie zeigt nun erstmals eine Reduktion der Mortalität von chronischen Erkrankungen. Verantwortlich dürften die reduzierte Aufnahme von Fett, gesättigten Fettsäuren, Natrium und Zucker sowie die gesteigerte Aufnahme von Ballaststoffen und Protein sein.

Der Nutri-Score hat sich in den meisten Studien als das effektivste Format erwiesen [Szabo de Edelenyi F et al. Arch Public Health. 2019;77:28]. Kürzlich ergab zudem eine repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts in Deutschland, dass der Nutri-Score als „eindeutig“, „leicht verständlich“ und „unkompliziert“ empfunden wird. Insbesondere bildungsferne und adipöse Befragte, die ein besonders hohes Risiko für Fehlernährung aufweisen, sprachen sich für den Nutri-Score aus. Die Ergebnisse bewogen letztlich Bundesernährungsministerin Julia Klöckner dazu, sich für die Einführung des Nutri-Scores in Deutschland auszusprechen.