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Prof. Dr. med. Johannes R. Bogner Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Sektion Klinische Infektiologie, München

_ Die Krankheit COVID-19 ist eigentlich gar nicht neu, sondern ein respiratorischer Infekt durch ein Coronavirus, das sich in seiner Qualität gegenüber „alten“ Coronaviren verändert hat. Ursprünglich handelte es sich um ein „Schnupfenvirus“.

Besonderheiten des neuen Erregers SARS-CoV-19 liegen darin, dass seine hohe Kontagiosität zusammen mit der Möglichkeit der asymptomatischen Ausscheidung zur raschen und meist zunächst unentdeckten Infektion führt. Klinisch liegt die Besonderheit in dem großen Spektrum von der asymptomatischen Virusinfektion bis hin zur schweren Lungenentzündung mit Todesfolge. Nimmt man alle aktuell verfügbaren Informationen über die Letalität der Infektion zusammen, so wird sich diese bei etwa 1% herauskristallisieren. Hauptsächlich ältere und komorbide Menschen sind davon betroffen, wenngleich es auch tödlich endende Verläufe bei ansonsten gesunden jungen Menschen oder Personen mittleren Altes (auch Ärzten) gegeben hat.

Die hohe Dynamik des Epidemigeschehens wird reflektiert durch täglich neue Berichte über Krankheitszahlen und Risikogebiete. Am 5. März 2020 schrieben Kollegen im Robert-Koch-Institut (RKI): „Auf globaler Ebene handelt es sich um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation. [...] Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und Ausbrüchen muss in Deutschland gerechnet werden. Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung wird in Deutschland aktuell als mäßig eingeschätzt. Eine weltweite Ausbreitung des Erregers ist zu erwarten. Diese Einschätzung kann sich kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern.“

Momentan wird noch die Strategie der Eingrenzung der Epidemie verfolgt. Das bedeutet, dass Kontaktpersonen nachweislich Infizierter für 14 Tage in Quarantäne genommen werden und dass Kontaktpersonen systematisch gesucht, informiert und getestet werden.

Antworten auf häufige Fragen aus der Praxis:

1. Sollen Kontaktpersonen zum Hausarzt kommen, um sich testen zu lassen?

Antwort: Nein! Die offizielle Anweisung des RKI lautet: „Personen, die (unabhängig von einer Reise) einen persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das SARS-CoV-2-Virus im Labor nachgewiesen wurde, sollten sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden. [...] Personen, die sich in einem vom RKI ausgewiesenen Risikogebiet aufgehalten haben, sollten — unabhängig von Symptomen — unnötige Kontakte vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause bleiben. Beim Auftreten von akuten respiratorischen Symptomen sollten sie die Regeln für richtiges Husten und Niesen sowie eine gute Händehygiene beachten und, nach telefonischer Voranmeldung mit Hinweis auf die Reise, einen Arzt aufsuchen.“

2. In welchen Situationen sollten Patienten getestet werden?

Antwort: Erkrankte, die die Falldefinition des RKI erfüllen (Symptome, epidemiologischer Kontakt zu nachgewiesen Infiziertem) sollen getestet werden. Hierzu ist eine räumliche Separierung vom Wartezimmer und anderen Praxisbereichen erforderlich. Ab dem Zeitpunkt eines Verdachts soll der Erkrankte einen Mund-Nasen-Schutz tragen, um die Aerosol-Übertragung zu vermeiden bzw. zu reduzieren.

3. Wie wird getestet?

Antwort: Wie bei Influenza wird ein tiefer Nasopharyngealabstrich entnommen. Die Testmethode ist eine PCR. Nahezu alle mikrobiologischen Einsendelabors sind dazu inzwischen in der Lage. Es handelt sich nicht um einen Schnelltest. Bis zum Erhalt des Testergebnisses muss der Getestete Kontakt zu anderen vermeiden. Am pragmatischsten ist es, er wartet dies zu Hause ab. Die Wegstrecke zur Praxis soll nicht mit öffentlichen Transportmitteln zurückgelegt werden (idealerweise: mit dem eigenen PKW, zu Fuß oder mit dem Fahrrad). Anmerkung: Der Test ist zwar hoch sensitiv, es wird aber zu falsch negativen Ergebnissen kommen. Ggf. sollte der Test wiederholt werden, wenn eine Diskrepanz zwischen Klinik und Testergebnis vorliegt.

4. Wer muss in die Klinik eingewiesen werden?

Antwort: Die Infektion mit SARS-CoV-2 kann unter dem Bild einer schweren interstitiellen Pneumonie verlaufen. Wie bei allen anderen Pneumonien und der Influenza gilt: Die Indikation zur stationären Aufnahme ergibt sich aus der Schwere der Erkrankung. Bitte Vitalparameter inklusive Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung messen. Leichter Erkrankte können zu Hause symptomatisch versorgt werden. Fieber allein ist kein Einweisungsgrund. Im Fall einer Einweisung dringlich vorher Kontaktaufnahme zur Klinik, damit dort die notwendigen Isolierungsmaßnahmen gewährleistet sind und nicht das Personal unnötig exponiert wird.

5. An wen muss wann gemeldet werden?

Antwort: An das Gesundheitsamt. In der zu SARS-CoV-2 erlassenen Meldepflichtverordnung heißt es: „Die Pflicht zur namentlichen Meldung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Infektionsschutzgesetzes wird auf den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod in Bezug auf eine Infektion ausgedehnt.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/coronavmeldev/__1.html)

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Wie umgehen mit besorgten Patienten?

© Marco_Bonfanti / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

6. Wie kann man sich selbst, das Praxispersonal und die Mitpatienten schützen?

Antwort: Wie bei allen Aerosol-übertragenen Erkrankungen gilt: Mundschutz („chirurgisch“) für den Patienten, FFP2-Maske für das Personal (richtig anwenden!), Augenschutz (Übertragung über Konjunktiven wohl möglich), Händewaschen und -desinfektion, Abstand halten.

Ausblick

Es ist damit zu rechnen, dass im Verlauf der Epidemie neue Fragen auftauchen werden und neuer Pragmatismus gefragt sein wird. Ob die Politik der Eingrenzung des Virus auf Dauer aufrechterhalten werden kann, wird die nächste Zukunft zeigen. Halten Sie sich informiert, nicht nur durch die Tagespresse, sondern auch direkt auf den u. g. Websites. Kursierende Worst-case-Szenarien werden nicht in dieser Form eintreten. Zur zeitlichen Dynamik kann überlegt werden, dass bei der aus China mitgeteilten mittleren Anzahl eine Weitergabe der Infektion an andere von 3,7 und einer mittleren Inkubationszeit von 4,8 Tagen nach 67 Tagen 80 Millionen Menschen infiziert wären, wenn keinerlei Schutzmaßnahmen und keine Quarantäne stattfinden würden.

Wichtig ist aber auch zu wissen, dass die Dynamik der Epidemie von den Wetterbedingungen und der Erwärmung abhängen wird. Hoffen wir auf einen baldigen, warmen Frühling!