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Dipl.-Jour. C. Heyer Rheinländer, MMW-Redaktion

Man erzählt sich, dass Marie Antoinette im Jahr 1793 ergraute — im Alter von 38 Jahren, und zwar über Nacht. Der Schrecken ihrer bevorstehenden Exekution, so raunt man, habe ihre Haare weiß werden lassen. Das Motiv ist wohlbekannt. Der Schlossherr aus Conrad Ferdinand Meyers Ballade „Die Füße im Feuer“, Holden Caulfield aus „Der Fänger im Roggen“, das junge Unfallopfer in dem Song „Mmm Mmm Mmm Mmm“ von den Crash Test Dummies — sie alle reagieren auf besonders stressige Situationen mit spontanem Ergrauen des Haars. Das Schema wird gern auch auf Personen des öffentlichen Lebens übertragen, die besonders unter Druck stehen, etwa auf den französischen Premierminister Édouard Philippe, dessen Bart seit neuestem weiß gefleckt ist.

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Frankreichs Premierminister Philippe: Ohne Ende Stress?

© Duvard / ANDBZ / ABACA / picture alliance

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Doch was ist dran? Macht Stress wirklich graue Haare? Das wollten Harvard-Forscher nun genau wissen. Im Mausmodell gingen sie der postulierten Verbindung nach — und wurden beim Sympathikus fündig. Das Nervensystem setzt bei Stress bekanntlich Noradrenalin frei, welches an den Haarfollikeln auf die pigment-regenerierenden Stammzellen trifft. Das geht für letztere nicht gut aus, sie werden dabei zerstört. Weil sie aber nur in begrenzter Quantität vorhanden sind, kann ein ordentlicher Stress-Stoß durchaus den gesamten Vorrat in einem Follikel auslöschen. Das Haar wächst dann nur noch grau nach.