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Dr. med. P. Stiefelhagen Internist, Hachenburg

_ Genau so, wie man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte, sollte man auch einen ruhigen Arbeitstag nicht beschwören; denn dann kann es gut sein, dass er besonders hart wird. Doch versteckt sich hinter diesen Empfehlungen nur ein Aberglaube, der sich hartnäckig auch in der Medizin hält?

Um dies wissenschaftlich zu erforschen, wurde eine randomisierte Nicht-Unterlegenheits-Studie durchgeführt. Dazu wurden zwei medizinische Mitarbeiter eines mikrobiologischen Labors ausgewählt, die an Wochenenden auch das angeschlossene Callcenter besetzten. Per Zufall wurden 29 Tage festgelegt, an denen sie ihre Arbeit mit dem festen Vorsatz starteten, wenig zu tun zu haben. Dafür sprachen sie laut und deutlich die Worte: „Heute wird ein ruhiger Tag!“ An 32 anderen Tagen absolvierten sie ihre tägliche Arbeit ohne diese Beschwörungsformel.

Die Arbeitsbelastung der Probanden wurde anhand von einzelnen definierten Leistungen erfasst, nämlich dem Abarbeiten von Laboraufträgen sowie den Besprechungen per Telefon. Diese einzelnen Leistungen wurden pro 24-Stunden-Periode aufaddiert.

Die Auswertung der untersuchten 61 Arbeitstage ergab, dass an den Tagen, an denen die Beschwörungsformel gesprochen wurde, durchschnittlich 144,9 einzelne Arbeitsleistungen erbracht wurden. An den Tagen ohne die Formel wurden dagegen im Schnitt nur 139 Arbeitsschritte dokumentiert, ein Unterschied von 5,9 Leistungen (95%-Konfidenzintervall: —12,9 bis 24,7).

Tatsächlich führte also das Aussprechen der Erwartung eines ruhigen Tages zu etwas mehr Arbeit. Allerdings hatten die Forscher vorher eine Grenze von 30 Ereignissen für die Nicht-Unterlegenheit festgelegt, und da das Konfidenzintervall unterhalb der Grenze blieb, widerlegt die Studie den Aberglauben, dass die Beschwörung eines ruhigen Arbeitstags die tatsächliche Belastung beeinflusst — sei es negativ, sei es positiv.

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© GeorgeRudy / Getty Images / iStock

KOMMENTAR

Unser Alltag wird bestimmt von Sprichwörtern, die uns vor bestimmten Dingen warnen wollen. Sie resultieren bisweilen aus allgemeinen Erfahrungen, gründen aber nicht selten auch in reinem Aberglauben. Solche Mythen können sich hartnäckig halten, auch wenn es für sie keine Evidenz gibt. Dass man einen ruhigen Arbeitstag weder heraufbeschwören noch verderben kann, ist nun auch wissenschaftlich belegt. In Bezug auf die tägliche Arbeitsbelastung bleibt somit nur die fatalistische Einstellung: Glücklich ist, wer vergisst, was ja nicht zu ändern ist.