_ In den ersten Monaten meiner nun lange zurückliegenden Zeit als Assistentin in einer Ruhrgebiets-Klinik habe ich von Schwestern und Pflegern viel gelernt. Sie waren offene und pragmatische Menschen. So gab es in der kinderchirurgischen Ambulanz eine Verabredung für den Fall, dass ich nicht weiter wusste. Dann half mir der Pfleger mit der vorher vereinbarten Formulierung „Sie wollen doch jetzt sicher ...“ auf die Sprünge. Das brachte mich vor den anwesenden Eltern nicht in Verlegenheit, und wir kamen voran.

Vor meinem ersten Dienst nahm mich die erfahrene Stationsschwester beiseite und gab mir Tipps. Sie fragte: „Wat machste, wenn’n Vatter ’nen laut schreienden Säugling bringt?“ Da ich statt einer Antwort nur ein fragendes Gesicht präsentieren konnte, riet sie mir strahlend: „Dann guckste auf’n Kalender! Wenn’s nach dem 25. im Monat is’, dann hat der Vatter dat Geld versoffen und’n schlechtes Gewissen, weil dat Kind Hunger hat. Dat kriegt erst ’ne Flasche Milch!“ Und daran anknüpfend hatte sie einen weiteren wichtigen Tipp in Bezug auf Säuglinge: „Die Lauten können warten — die ham noch viel Kraft. Auf die Leisen musste gut aufpassen, die sind wirklich krank!“

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„Verstehen Sie den kleinen Racker?“

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Die Zeiten haben sich seitdem geändert. Wahrscheinlich gibt es in der Ambulanz heute keine Säuglingsmilch mehr „für alle Fälle“. Der Rat zum Umgang mit den lauten und den leisen Patienten hat sich aber bis heute bewährt und ist, wie ich finde, mindestens so wichtig wie damals.