Bei der Resistenztestung als Grundlage für eine rationale Antibiotikaauswahl gilt bereits seit letztem Jahr eine Neudefinition, die in der Praxis allerdings noch viel zu wenig beachtet wird. Demnach entspricht das „I“ im Laborbefund jetzt einem „S“ mit Dosierungsempfehlung.
Avoid common mistakes on your manuscript.
_ Eine für Klinik und Praxis ganz wesentliche Änderung in der Definition der Ergebniskategorien der Antibiotikaresistenz-Testung ist bereits seit Beginn des Jahres 2019 in Kraft, wurde aber, so Prof. Siegbert Rieg, Freiburg, bislang noch sehr unzureichend kommuniziert: Das „I“, welches bislang für „Intermediär sensibel“ stand, entspricht nach der Neudefinition der EUCAST* nun der Kategorie „susceptible with Increased dosing“, zu deutsch: „sensibel bei erhöhter Exposition“.
Unnötigen Einsatz von Reserveantibiotika vermeiden
Das bedeute, wie Rieg erklärte, ein vom Labor mit „I“ befundetes Antibiotikum sei künftig wie ein „S“ mit Dosierungsempfehlung zu werten („I“ ist das neue „S“!). Ein Patient mit einer Blutstrominfektion mit Pseudomonas aeruginosa beispielsweise, bei dem die Kombination Piperacillin/Tazobactam mit „I“ bewertet wurde, könne damit nun in der entsprechend höheren Dosierung (Dosierungstabelle siehe www.nak-deutschland.org/aktuelle-version.html) behandelt werden. Dies sei ganz im Sinne der Antibiotic Stewardship, die unter anderem darauf abzielt, den unnötigen Einsatz von Reserveantibiotika zu vermeiden.
Bislang hatte man den mikrobiologischen Laboren eine Pufferzone zugestanden: Bei unsicherem Ergebnis der Resistenztestung konnten diese mit „intermediär“ (das alte „I“) befunden, wobei aber nicht mitgeteilt wurde, was dahintersteckte:
ein unsicheres Laborergebnis,
eine antimikrobielle Aktivität, bei der von einem unsicheren klinischen Therapieerfolg auszugehen ist,
ein zu erwartender Therapieerfolg durch die physiologische Anreicherung des Antibiotikums am Infektionsort (z. B. Harnwege) oder
ein Therapieerfolg, der durch eine höhere Dosierung erreicht werden kann.
Unsicherheiten ausgeräumt
Die Folge dieser Unschärfe war, dass das „I“ in der Praxis zu den unterschiedlichsten Schlussfolgerungen für die Therapie führte: Oft wurde es wie ein „R“ (wie „resistent“) gehandhabt; auf das entsprechend klassifizierte Antibiotikum wurde also sicherheitshalber verzichtet.
Mit der Neudefinition soll diese Unsicherheit nun ausgeräumt werden. Die Pufferzone wurde auf Empfehlung der EUCAST gestrichen und die Labore in die Pflicht genommen, durch Verwendung geeigneter Methoden und Qualitätskontrollen zu einem verlässlichen Ergebnis zu kommen.
Laufend aktualisierte Dosierungstabellen
Dem Arzt obliegt es, die für den individuellen Patienten geeignete Dosierungsstrategie zu wählen, wobei die erhöhte Exposition des Infektionserregers gegenüber dem Antibiotikum entweder durch eine höhere Dosierung, ein verkürztes Dosierungsintervall oder eine veränderte Verabreichungsform (z. B. intravenös statt oral) erreicht werden kann.
Hierfür werden nun laufend aktualisierte Dosierungstabellen zur Verfügung gestellt, die vom „Breakpoint-Komitee“ der EUCAST erarbeitet werden. Diese Empfehlungen müssen allerdings noch an die nationalen Gegebenheiten angepasst werden, wobei für jedes Land aktuelle Verfügbarkeit und Zulassungsstatus des jeweiligen Antibiotikums zu berücksichtigen sind — eine Aufgabe, die in Deutschland dem Nationalen Antibiotika-Sensitivitätstest-Komitee (NAK) zukommt.
Dass auch im deutschsprachigen Raum an dem Buchstaben „I“ festgehalten wurde, der zuvor mit einer anderen Definition belegt war, ist nach Rieg zwar „nicht intuitiv verständlich“; diese Handhabe sei in den Gremien durchaus kontrovers diskutiert worden. Grundsätzlich sei die Neudefinition jedoch zu begrüßen, da sie „zu einer Konkretisierung der Therapieempfehlungen führt“, so der Experte.
*European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing
Literatur
Internisten-Update, 29./30. November 2019 in München
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Oberhofer, E. Resistenztestung: Das neue „I“ ist eigentlich ein „S“!. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 20 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0140-5
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-020-0140-5