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Herzbeschwerden bei stabiler KHK — hier helfen kurzwirksame Nitrate.

© Andrey Mihaylov / Alamy / mauritius images

_ Deutschland kann sich mit breiter Brust dem Vergleich mit Europa stellen. Das gilt zumindest hinsichtlich der Therapie bei stabiler koronarer Herzerkrankung (KHK). Hier liegt die Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) deutlich vor den Guidelines der europäischen Kardiologen (ESC). Dies lässt sich aus einem Vortrag von Prof. Samuel T. Sossalla folgern.

„Die ESC-Leitlinie 2019 teilt Antianginosa weiterhin in First- und Second-Line-Präparate ein“, so der Kardiologe vom Uniklinikum Regensburg. Hier sei die NVL „Chronische KHK“ deutlich fortschrittlicher, denn derzeit gebe es keinen Nachweis für eine Über- oder Unterlegenheit einer bestimmten antianginösen Therapie bezüglich ihrer symptomatischen Wirkung. Die Wahl des Medikaments sollte sich daher an den Komorbiditäten des Patienten und den möglichen Nebenwirkungen orientieren.

Aufwertung langwirksamer Nitrate ist kritisch zu sehen

Der Kardiologe kritisierte vor allem die Aufwertung der langwirksamen Nitrate (LAN) in der ESC-Leitlinie: Hier gebe es keine Studie über mehr als wenige Wochen, meist seien weniger als 100 Patienten einbezogen. Zudem seien LAN nie auf Sicherheit getestet worden und erhöhten die endotheliale Dysfunktion. „Ich kann mir nicht erklären, warum diese Substanzen vorgezogen wurden.“ Keinen Zweifel ließ Sossalla am Nutzen kurzwirksamer Nitrate. „Diese sind Goldstandard“ und seien auch psychologisch wichtig für die Patienten.

Aber wie soll die Therapie bei Patienten mit stabiler KHK und Angina pectoris erfolgen? Zunächst müssten Blutdruck (120–140 mmHg) und Herzfrequenz (< 70/min) eingestellt werden. Sind Druck und Frequenz in Ordnung, sei der Einsatz des hämodynamisch neutralen Antianginosums Ranolazin indiziert, so Sossalla.

Ranolazin (Ranexa®) beeinflusse nicht das Frequenz-Druck-Produkt. Das beschere den Patienten eine notwendige kardiale Reserve, was die Belastbarkeit erhöht. Dies hatte zumindest ein Vergleich von Ranolazin mit Atenolol und Placebo ergeben [Am J Cardiol. 2005; 95:311]. Im Vergleich zur Placebogruppe war die Belastungsdauer auf dem Ergometer unter Atenolol 16 Sekunden und unter Ranolazin 37 Sekunden länger — absolut (errechnet) 415, 431 und 452 Sekunden. Zudem würden die antianginösen Effekte von Ranolazin persistieren, es gebe keine Gewöhnungseffekte. Haben die Patienten neben der Angina pectoris eine Herzinsuffizienz, führe am Betablocker kein Weg vorbei, so Sossalla.