_ Chronischer Alkoholmissbrauch ist mit erheblichen strukturellen und funktionellen Schädigungen des Gehirns sowie mit kognitiven Beeinträchtigungen verbunden. „Durch Abstinenz ist eine Reversibilität nur in einem gewissen Umfang, eine vollständige Erholung nach Entgiftung jedoch nur in weniger als der Hälfte der Fälle möglich“, so Prof. Thomas Leyhe, Basel. Die Faktoren, die für die Entwicklung der neurotoxischen Schädigungen und Degeneration verantwortlich sind, sind bisher nicht genau bekannt.

figure 1

Hat hier der Alkoholismus bereits zu kognitiven Schäden geführt?

© ArTo / stock.adobe.com

Verbale Defizite zeigen im Vergleich mit visuellen Beeinträchtigungen eine schnellere Besserung. Nach einer kurzfristigen Abstinenz zeigt sich häufig keine Erholung der exekutiven Funktionen, des Arbeitsgedächtnisses sowie der perzeptuellen und motorischen Fähigkeiten. Häufige Entzüge und Alkoholexzesse gehen einher mit einer deutlichen Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten. Insgesamt ist ein niedriges Bildungsniveau mit einer geringeren kognitiven Erholung verbunden. Auch sind Frauen trotz generell niedrigerem Alkoholkonsum anfälliger für kognitive Beeinträchtigungen. „Je stärker die kognitiven Veränderungen sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Erholung bei dauerhafter Abstinenz bei älteren Patienten“, so Leyhe.

Hauptrisikofaktor für eine Demenz

Pathologisch-anatomisch findet sich eine Atrophie der weißen Substanz mit prominenter Beteiligung des Frontallappens, die bei Abstinenz nur partiell reversibel ist. Auch findet sich nicht selten eine generalisierte Atrophie der Großhirnrinde. Betroffen sind vor allem die mesokortikolimbischen Belohnungszentren.

Bei Alkoholabhängigen finden sich hohe Demenzraten von bis zu 25%, sodass ein Alkoholmissbrauch einen Hauptrisikofaktor für das Auftreten von Demenzerkrankungen aller Art darstellt, insbesondere für früh beginnende Demenzen. „Die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Alkoholmissbrauch, Morbus Alzheimer und vaskulärer Demenz sind allerdings noch unklar“, so Leyhe.

Auch bei Benzodiazepinen?

Typische Merkmale von Patienten mit einer alkoholbedingten Demenz sind männliches Geschlecht, physische und psychische Begleiterkrankungen und soziale Isolation. Alkoholbedingte Demenzen zeigen selten Sprachbeeinträchtigungen. Bei Vorliegen eines Korsakoff-Syndroms besteht typischerweise eine ausgeprägte anterograde und retrograde Amnesie, wobei die Erinnerung an weiter zurückliegende Ereignisse besser ist.

Es gibt Hinweise dafür, dass auch eine längerfristige Benzodiazepin-Einnahme bei älteren Menschen zu einer kognitiven Dysfunktion führen kann. Dabei dürfte möglicherweise eine Einschränkung der kognitiven Reserve durch Benzodiazepine das Entscheidende sein. „Ob solche kognitiven Beeinträchtigungen reversibel sind, weiß man noch nicht“, so Leyhe.