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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München

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_ Neugeborenen in Deutschland wird zwischen dem 2. und dem 3. Lebenstag an der Ferse Blut entnommen, um auf 14 angeborene Stoffwechselerkrankungen zu testen. Nicht untersucht wird dabei der Vitamin-B12-Spiegel, obwohl das mithilfe der Massenspektrometrie möglich wäre und ein Mangel durchaus neurologische Folgeschäden haben kann, die sich meist erst ab einem Alter von 6 Monaten zeigen. An der Universitätskinderklinik Heidelberg sollten deshalb die Validität eines solchen Screenings sowie die Inzidenz des Vitamin-B12-Mangels bei Neugeborenen ermittelt werden.

Über einen Zeitraum von 27 Monaten wurden 176.702 Neugeborene gescreent. Bei 33 Kindern wurde ein manifester Vitamin-B12-Mangel festgestellt (Inzidenz: 1:5.355). 25% von ihnen hatten ein schweres Defizit von < 100 pmol/l, 56% ein mittleres von 100–200 pmol/l. Bei allen Müttern dieser Kinder konnte ein erniedrigter Serumspiegel nachgewiesen werden. Die Mütter waren unterschiedlicher ethnischer Herkunft, 89% von ihnen ernährten sich ausgewogen.

Die Kinder erhielten eine orale Supplementierung mit Vitamin B12. Eine Nachuntersuchung ergab keine Hinweise auf kognitive oder neurologische Entwicklungsstörungen.

KOMMENTAR

Die Inzidenz des Vitamin-B 12 -Mangels liegt laut den Ergebnissen über jenen der gescreenten angeborenen Stoffwechselstörungen, mit Ausnahme der Cystischen Fibrose. Die Daten sagen nichts darüber aus, welches der betroffenen Kinder ohne Substitution eine neurologische Entwicklungsstörung entwickelt hätte. Aus der Literatur ergeben sich jedoch Hinweise, dass eine ausschließliche und langfristige Ernährung mit Muttermilch, die per se weniger Vitamin B 12 enthält, bei einem Serumspiegel von < 100 pmol/l das Risiko ausgeprägter neurologischer Auffälligkeiten erhöht. Für die Autoren ist das ein Grund, auch bei Kindern mit leichten Defiziten genau hinzuschauen, wenn sie von Müttern mit Vitamin-B 12 -Defizit gestillt werden.

Die Aufnahme einer Vitamin-B 12 -Untersuchung in das erweiterte Neugeborenen-Screening erscheint bei einer positiven Kosten-Nutzen-Analyse sinnvoll. Allerdings sind alle Gynäkologen, Hausärzte, Hebammen etc. aufgefordert, bei Schwangeren eine entsprechende Ernährungsberatung durchzuführen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die an Vitamin B 12 arme vegane Ernährung Mode geworden ist.