Avoid common mistakes on your manuscript.
Fachverbände und Beratungsstellen sprechen sich in einem neuen Positionspapier gegen das sogenannte Sexkaufverbot aus. Wir fragten Dr. Hans Jäger, Internist in einer HIV-Schwerpunktpraxis in München, nach möglichen gesundheitlichen Folgen des aktuell diskutierten Gesetzes.
MMW: Auch die Aidshilfe ist gegen das Verbot der Prostitution. Weshalb?
Jäger: Ein Verbot wäre naiv, als würde man beschließen: Ab morgen gibt es keinen Starkregen mehr. Den wird es trotzdem weiter geben. Genauso wenig kann man das älteste Gewerbe der Welt verbieten. Studien zeigen, dass ein Verbot zu mehr Gewalt führt, weil Prostitution an anderer Stelle stattfindet, weniger kontrolliert, was auch zu mehr HIV-Infektionen führt.
MMW: Warum würden sich dann mehr Menschen mit HIV anstecken?
Jäger: In Deutschland spielt die Prostitution in der HIV-Epidemiologie im Vergleich zu Südeuropa oder Russland keine so große Rolle, da viele Frauen bei uns in gesundheitlichen Kontrollen sind. Durch ein Prostitutionsverbot würden sich jedoch viele nicht mehr trauen, in die Praxen oder zum Gesundheitsamt zu gehen, was zu weiterer HIV-Verbreitung führen würde.
MMW: Wie kann man die Gesundheitsrisiken durch Sexarbeit noch besser eindämmen?
Jäger: Rund 88.000 registrierten HIV-Patienten in Deutschland steht eine Dunkelziffer von ca. 11.000 Infizierten gegenüber — nicht nur Prostituierte. Heute können wir Patienten mit einer Tablette pro Tag so behandeln, dass sie nicht mehr ansteckend sind. Deshalb müssen wir die Dunkelziffer verkleinern. Das geht nur durch verstärktes Testen in Gesundheitsämtern und Praxen. Besonders die Symptome von Mononukleose oder schwerer Grippe gleichen denen einer HIV-Infektion, da wird oft vergessen, auch auf HIV zu testen.
MMW: Wie würde optimale Prävention im Kontext der Prostitution aussehen?
Jäger: Kondome sind ein wichtiger Bestandteil und seit etwa drei Jahren können wir mit Medikamenten vorbeugen. Es gibt die Präexpositionsprophylaxe (PrEP), damit kann man sich mit einer Tablette am Tag vor Ansteckung schützen. Studien dazu gab es vor allem mit schwulen Männern, aber auch im heterosexuellen Bereich ist Prävention mit Medikamenten erfolgreich.
Interview: Joana Schmidt
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Springer Medizin. Gesundheitsgefahr durch Sexkaufverbot?. MMW - Fortschritte der Medizin 162, 8 (2020). https://doi.org/10.1007/s15006-020-0032-8
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-020-0032-8