Nur sehr wenige alkoholabhängige Patienten werden mit Medikamenten behandelt — womöglich weil das Therapieziel Abstinenz unrealistisch wirkt. Dabei ist auch eine Trinkmengenreduktion gut zu erreichen.
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_ Drei multizentrische, randomisierte, placebokontrollierte klinische Studien zur Wirksamkeit von Naltrexon, Vareniclin und Topiramat in der Behandlung alkoholabhängiger Patienten wurden einer Sekundäranalyse unterzogen. Erfasst wurde jeweils, wie viele Probanden die Ziele Abstinenz, keine schweren Trinktage sowie Reduktion des fünfstufigen WHO-Risikograds um einen oder zwei Stufen erreichten.
In allen drei Studien wurden die höchsten Ansprechraten für die Reduktion der Trinkmenge um eine WHO-Risikostufe erreicht (Naltrexon: 83,3%, Vareniclin: 69,8%, Topiramat: 54,7%). Auch die Reduktion um zwei Stufen gelang häufig (75%; 55,2%; 44,7%). Deutlich weniger Probanden erreichten das Ziel, keine schweren Trinktage mehr zu haben (51%; 24%; 20,7%) oder komplett abstinent zu bleiben (34,7%; 7,3%; 11,7%). Die Effektstärken (Cohen’s h) für die Reduktion um zwei Stufen (0,21; 0,27; 0,23) und um eine Stufe (0,12; 0,34; 0,01) waren vergleichbar mit jenen für Abstinenz (0,14; 0,15; 0,37) und die Vermeidung schwerer Trinktage (0,14; 0,23; 0,21).
KOMMENTAR
Mehr als ein Drittel der in einer Hausarztpraxis behandelten alkoholabhängigen Patienten nennen die Trinkmengenreduktion als ihr primäres Behandlungsziel [Fehr C et al. Suchtmedizin in Forschung und Praxis. 2015;17:233–46]. Eine dies unterstützende pharmakologische Therapie könnte dabei helfen, mehr alkoholkranke Patienten in Behandlung zu bringen. Die vorliegende Analyse bestätigt, dass Naltrexon, Vareniclin und Topiramat deutliche trinkmengenreduzierende Effekte aufweisen.
Obwohl dies für Naltrexon bereits bekannt war, wird es in Deutschland in der Regel in der Indikation Rückfallprophylaxe verschrieben, mit recht niedrigen Ansprechraten von ca. 30%. Vareniclin und Topiramat haben fast keine abstinenzerhaltenden, jedoch deutliche trinkmengenreduzierende Effekte. Dies könnte einen Nutzen für Patienten darstellen, die das Abstinenzziel nicht erreichen. Auch an Komorbiditäten ist zu denken: Vareniclin wird bei Nikotinsucht eingesetzt, Topiramat bei Adipositas.
Literatur
Falk DE et al. Evaluation of drinking risk levels as outcomes in alcohol pharmacotherapy trials: A secondary analysis of 3 randomized clinical trials. JAMA Psychiatry 2019;76:374–81
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Fehr, C. Weniger Alkoholkonsum dank Arzneimitteln. MMW - Fortschritte der Medizin 161, 32 (2019). https://doi.org/10.1007/s15006-019-1226-9
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