_ Eines bis dahin schönen Abends wurde ich zur Leichenschau in einen Stuttgarter Vorort gerufen. Zwei Polizisten warteten bereits vor dem Haus und eröffneten mir, dass es um gleich zwei Leichen ging. Nachbarn hatten die Polizei gerufen, da sie das dort lebende Ehepaar schon seit zwei Wochen nicht mehr gesehen hatten. Die abgeschlossene Tür hatte die Feuerwehr geöffnet.

Im Wohnzimmer fand ich die beiden Leichen nebeneinander liegend. Ein adipöser Mann im Alter von 70 Jahren, daneben seine stark untergewichtige, etwa gleichaltrige Frau. Der Mann hatte — wie aus einem Krankenhausbericht erkennbar — mehrere Vorerkrankungen wie KHK mit Z. n. Herzinfarkt, Vorhofflimmern, Hypercholesterinämie, Bluthochdruck und Diabetes mellitus, sodass bei unauffälliger Leichenschau von einem kardialen und somit natürlichen Tod auszugehen war.

Aber woran war seine Frau verstorben? Aus dem Gespräch mit einer Nachbarin konnte ich die Todesursache ableiten. Die Patientin war schwerstgradig dement und musste von ihrem Mann vollständig versorgt werden. Er hatte dafür gesorgt, dass sie wenigstens einigermaßen ausreichend aß und trank.

Nach dem plötzlichen Tod des Mannes hatte die demente Frau offenbar nicht daran gedacht, zu essen oder zu trinken, sondern sich neben ihren Mann gelegt. Dort war sie schließlich gestorben. Man will sich gar nicht vorstellen, wie das alles vonstatten ging. Wahrscheinlich war der Tod durch akutes prärenales Nierenversagen infolge einer schweren Exsikkose eingetreten.