_ Nachdem wir uns im ersten Teil den „normalen“ Gesprächsleistungen für Hausärzte in EBM und GOÄ gewidmet haben (MMW 17/2019, S. 28), soll es nun um einen speziellen Bereich gehen: die psychotherapeutischen und psychiatrischen Gespräche.

Im EBM ist die psychosomatische Grundversorgung mit den beiden Nrn. 35 100 für die differenzialdiagnostische Klärung und 35 110 für die verbale Intervention abgebildet. Einen „schriftlichen Vermerk über ätiologische Zusammenhänge“ fordert dabei eigentlich nur die Nr. 35 100, die gewissermaßen die diagnostische Komponente bei der Leistungsabrechnung darstellt. Trotzdem sollte man sich auch bei der therapeutischen Leistung nach Nr. 35 110 Notizen über die Gesprächsinhalte in der Patientenakte machen.

Beide Leistungen schreiben eine Gesprächsdauer von mindestens 15 Minuten vor, die auch dokumentiert werden sollte. Die Diagnose muss nicht aus dem ICD-10-Bereich F45. zu somatoformen Störungen stammen, dürfte in der Regel aber dort angesiedelt sein. Einen Regress kann das Prüfgremium allerdings nicht von der Diagnose her ableiten.

Beachtenswert ist hier wie bei den normalen Gesprächen die Zeitvorgabe bei der Plausibilitätsprüfung. Es gelten dabei allerdings die gleichen Vorzeichen: Ist der Leistungsinhalt — auch unter Hinweis auf die Gesprächsdauer — gut dokumentiert, ist eine Honorarkürzung im Grunde genommen nicht möglich.

Vorsicht ist dabei lediglich beim Zusammenwirken der psychosomatischen Gesprächsziffern mit anderen Leistungen geboten. Führt man z. B. bei einem Patienten, bei dem der Verdacht auf eine psychosomatische Erkrankung besteht, am gleichen Tag auch diagnostische Leistungen durch, die eine somatische Erkrankung ausschließen sollen, muss man ggf. einen Summationseffekt berücksichtigen.

So führt z. B. eine hier denkbare umfangreiche Vorsorgeuntersuchung nach den Nrn. 01 731, 01 732, 01 737 und 01 746 zu einem Zeitbudget von 44 Minuten. Kommt am gleichen Tag dann auch noch eine Gesprächsleistung nach den Nrn. 35 100/35 110 oder auch nach der Nr. 03 230 hinzu, kann es zeitlich zumindest „eng“ werden. Denn Fakt ist leider: Wenn man erst einmal in der Prüfmühle drin ist, muss man viel Zeit und Nervenstärke aufbringen, um unversehrt herauszukommen.

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Auch bei psychosomatischen und psychiatrischen Problemen kann und soll der Hausarzt helfen!

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MMW-KOMMENTAR

Wie gewohnt ist der Dokumentationsaufwand bei den korrespondierenden Nrn. in der GOÄ geringer, und Wirtschaftlichkeitsprüfungen gibt es keine. Allerdings ist auch die Privatliquidation kein Freischießen: Es gibt eine Menge Abrechnungsregelungen, und gerade bei den Nrn., die mit einer 8 beginnen, mauern die Privatkassen und insbesondere die Beihilfestellen mitunter wie der KV-Kassen-Komplex in der GKV.

Standardmäßig kann der Hausarzt für ein Gespräch bei psychoreaktiven, psychosomatischen oder neurotischen Störungen die Nr. 849 GOÄ ansetzen. Das Gespräch muss dafür mindestens 20 Minuten dauern. Gesteigert zum Schwellensatz von 2,3-fach bringt die Position 30,84 Euro.

Eine Art Reserve ist die Nr. 804, die psychiatrische Behandlung durch ein eingehendes therapeutisches Gespräch. Sie hat keine Mindestzeit, bringt aber auch nur 20,10 Euro. Wer eine psychiatrische Behandlung durch eine gezielte Exploration und ein eingehendes therapeutisches Gespräch von mindestens 20 Minuten erbringt, kann auch die Nr. 806 für 33,51 Euro berechnen.

Alle diese Gesprächsleistungen sind nicht nebeneinander in gleicher Sitzung berechnungsfähig, und auch die „normalen“ Gespräche nach den Nrn. 1, 3 und 34 sind ausgeschlossen.

Da psychiatrische Krankheitsbilder auch in der Hausarztpraxis an der Tagesordnung sind, sollte der Ansatz dieser Leistungen nicht in Frage stehen, auch wenn mitunter einige Privatkassen hier versuchen, Hürden aufzubauen — etwa den Nachweis der Zusatzqualifikation „Psychotherapie“. Das ist aus der GOÄ nicht abzuleiten, da diese nur aus systematischen Gründen in einzelne Fachkapitel unterteilt ist.

Abrechnungsprobleme können auch entstehen, wenn z. B. Beihilfestellen Satzungsregelungen haben, die eine Erstattung psychiatrischer oder psychotherapeutischer Leistungen ausschließen oder einschränken. Allerdings wirkt sich dies juristisch gesehen nicht auf das Vertragsverhältnis mit dem behandelnden Arzt aus, sondern ist ein Erstattungsproblem für den Patienten.