_ Bei Beinödemen vermutet der Arzt zunächst meist eine kardiale, renale oder venöse Ursache und veranlasst eine entsprechende Abklärung. „Dabei wird häufig vergessen, dass auch Medikamente die Übeltäter sein können“, betonte Prof. Claus Neurohr, Stuttgart. Das Spektrum möglicher Auslöser reicht von Antihypertensiva über Hormone und NSAR bis hin zu Psychopharmaka.

Häufige Nebenwirkung von Kalziumantagonisten

Bei den Kalziumantagonisten kommen vor allem Substanzen vom Dihydropyridin-Typ in Frage. Die Ödembildung betrifft vor allem Frauen und nimmt mit dem Alter zu. Pathophysiologisch entstehen die Ödeme durch Dilatation der Arteriolen bei fehlender Wirkung auf die Venolen. So kommt es zu einem präkapillären Leck. Da eine Dosisabhängigkeit besteht, ist es sinnvoll, zunächst die Dosis zu reduzieren, bevor man den Patienten auf einen lipophilen Kalziumantagonisten der 3. Generation umstellt. Auch die gleichzeitige Gabe eines RAAS-Blockers oder die abendliche Einnahme kann zur Rückbildung des Ödems führen.

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Delle im Fuß — ist sie iatrogen?

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Sehr viel seltener können Ödeme auch bei Einnahme von Clonidin, Dihydralazin und Minoxidil auftreten.

Angioödem bei ACE-Hemmern

ACE-Hemmer machen zwar keine Beinödeme, sie können aber ein potenziell vital bedrohliches Angioödem auslösen. Die Inzidenz liegt bei ca. 1% und geht mit einer 1%igen Mortalität einher. Die Komplikation tritt meist in den ersten 4 Wochen nach Therapiebeginn auf, eine Manifestation ist aber auch noch nach vielen Jahren möglich. Bei langwirksamen ACE-Hemmern verlaufen die Episoden schwerer. Auslöser ist das Bradykinin, dessen Abbau durch ACE-Hemmer gehemmt wird. Mildere Formen können als trockener Husten in Erscheinung treten. Die Soforttherapie besteht in der Gabe von Adrenalin, Steroiden und Antihistaminika. Der ACE-Hemmer muss abgesetzt werden, und Betroffene sollten nie mehr ein Medikament dieser Substanzgruppe erhalten.

Hormone, NSAR und Psychopharmaka

Alle Hormone können zu Wassereinlagerungen führen. Dies gilt insbesondere für die weiblichen Sexualhormone, die Gefäße, Wasserretention und Fettgewebe beeinflussen.

Auch NSAR können Ödeme induzieren. Ursache ist die Abschwächung der Prostaglandin-Wirkung auf die Nieren bei Aufrechterhaltung der Natrium- und Wasserhomöostase. Das Ödem ist meist nur leicht und bildet sich nach Absetzen des Medikaments rasch zurück.

Bei den Psychopharmaka sind es Lithium, atypische Neuroleptika, MAO-Hemmer und trizyklische Antidepressiva, die Ödeme verursachen können. Dabei ist der Wirkmechanismus unterschiedlich. Während Lithium mit Natrium bei der tubulären Rückresorption konkurriert, bewirken atypische Neuroleptika eine periphere Vasodilatation und senken so den peripheren Widerstand.