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Dr. med. Joachim Zeeh

_ In diesem Schwerpunkt Geriatrie finden Sie zwei Artikel zu nicht alltäglichen Themen, die in unserem ärztlichen Alltag aber trotzdem sehr präsent sind.

Gewalt im Bereich der Altersmedizin und Altenpflege kommt eher verdeckt und unausgesprochen daher, ist ein großes Tabu, wird verdrängt, verschwiegen oder beschönigt. Gewalt hat viele Gesichter, und es ist das Verdienst dieses brillianten Artikels von Prof. Hirsch, der uns die unterschiedlichsten Motive, die Gewaltausübung befeuern können, nahebringt. Jean Paul Sartre sagte: „Die Gewalt lebt davon, dass sie von anständigen Leuten nicht für möglich gehalten wird.“ Körperliche, aber auch seelische Gewalt gegen schutzlose und oft pflegebedürftige alte Menschen ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Und doch gibt es diese Gewalt — im Heim, im Krankenhaus und auch zu Hause.

Gewalt gegen alte Menschen wird meist ausgeübt von Personen aus dem vertrauten Umfeld: von Verwandten, medizinischem Personal und Pflegepersonal. Körperliche Gewalt ist hierbei nur eine Form. Subtilere Methoden umfassen psychische Misshandlungen durch Schimpfen oder Erniedrigen, aber auch „Ruhigstellen“ durch nicht indizierte oder überdosierte Medikamente, Vernachlässigen, im Bett liegen lassen anstatt zu mobilisieren, schnelles „Füttern“ unter Zeitdruck unter Inkaufnahme von Verschlucken und Aspiration, finanzielle Übervorteilung, sexueller Missbrauch und andere Formen mehr. Gerade in Zeiten von Personalmangel in Krankenhäusern, Heimen und Pflegediensten sollte man wachsam sein: Die Überlastung der Pflegenden, seien es die „Laien“ in den Familien oder die „Profis“ in Krankenhäusern, Heimen und ambulanten Diensten ist ein struktureller Faktor, der die Verbreitung von Gewalt fördert.

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Schutz- und schlaflos.

© sayu_k / Getty Images / iStock

Von knapp 600 befragten Altenpflegern in amerikanischen Pflegeheimen gaben 10% zu, ihren Bewohnern schon einmal körperliche Gewalt angetan zu haben, und 40% bekannten sich zu psychischen Formen der Gewalt. Grundlegend anders dürfte das Bild auch in Deutschland nicht aussehen. Vor dem Hintergrund der Alterung unserer Bevölkerung, in der Demenzhäufigkeit und Pflegebedürftigkeit noch ein paar Jahrzehnte zunehmen werden, bevor die Babyboomer-Generation am Ende der 2030er-Jahre gestorben sein wird, muss diesem eher düsteren Thema eine hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden. Oder um es mit den Worten von Prof. Hirsch zu sagen: Wann Sie Verdacht schöpfen sollten!

Der gestörte Schlaf dagegen ist tatsächlich ein sehr häufiges Problem, auf das uns Patienten regelmäßig und unüberhörbar hinweisen. Schlaf, zusammen mit Schmerz und Stuhlgang, sind Dauerbrenner in der Arzt-Patient-Kommunikation und können schnell zu Zeiträubern werden. Es lohnt sich also schon aus Gründen des eigenen Zeitmanagements, für die gängigsten Fragen zum Thema Schlaf Antworten auf „State-oft-the-art-Niveau“ parat zu haben. Dr. Walther gibt solche Antworten, entwickelt das Thema aus der Schlafphysiologie heraus, bringt die Multimorbidität des alten Menschen dazu und leitet therapeutische Konsequenzen ab inklusive Behandlung der Restless Legs, die sich auch als gestörter Nachtschlaf präsentieren können.

Die zwei Artikel kann ich Ihnen zur Lektüre sehr empfehlen. Ich hoffe, Sie sehen das ähnlich.