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Dr. Georg Ralle

_ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die Digitalisierung des Gesundheitswesens zum Fokus seiner Arbeit gemacht Endlich kommt Bewegung in die Sache. Statt weiter zu wursteln, sollen jetzt die Mehrwerte für Versicherte und Leistungserbringer in den Mittelpunkt gestellt werden, während Planung und Umsetzung dramatisch beschleunigt werden sollen. Das klingt gut. Auch wir vom Netzwerk gegen Darmkrebs treten für eine intensivere und forschungsorientierte Datennutzung ein. Erste Projekte und Studien lassen ein gigantisches Potenzial erahnen.

In diesem Prozess der Erneuerung werden weltfremd gewordene Regelungen infrage gestellt — z. B. der Bedarf an E-Card, Kartenlesegerät und PIN für den Zugriff auf Patientendaten. Wer es wünscht, wird Daten aus seiner Patientenakte künftig auch mit seinem Smartphone einsehen und weiterleiten oder ein Berechtigungskonzept für Dritte hinterlegen können. Es geht darum, stärker in intelligenten Software-Lösungen zu denken und sich von der 15 Jahre alten Hardware-Konnektor-Strategie zu verabschieden.

In Wirklichkeit sind die Deutschen genau das Gegenteil von Online-Muffeln. Sie stellen nicht nur den kalifornischen Konzernen großzügig ihre Daten zur Verfügung, sondern würden mit großer Mehrheit lieber heute als morgen ihre gesundheitsbezogenen Daten in elektronischen Akten einpflegen und nutzen — wenn dies technisch nur möglich wäre.

Die Bevölkerung ist sehr offen

Dabei liegt sowohl für den normalen Bürger, als auch für die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen der Benefit der Digitalisierung des Gesundheitswesens klar auf der Hand: mehr Service, mehr Qualität, bessere Ergebnisse der medizinischen Versorgung und — last but not least — mehr Wirtschaftlichkeit.

Wir brauchen in Deutschland dringend ein entspannteres Verhältnis zu Daten, v. a. zu medizinischen Daten. Sie sind primär nicht etwas Bedrohliches, sondern die Basis für medizinischen Fortschritt. Datenschutz heißt deshalb: Der Patient muss einen Anspruch darauf haben, dass seine personenbezogenen, medizinischen Daten von allen Leistungserbringern in seine persönliche digitale Patientenakte eingepflegt werden — zeitnah, vollständig und in einer Weise strukturiert, dass eine Bearbeitung und Auswertung rasch und ohne Informatikstudium möglich ist.

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Ganz schnell gibt sie ihrem Hausarzt ihre neuen Daten frei.

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Vorteile für die Wissenschaft

Wir müssen das vorhandene Moment zum digitalen Aufbruch im Gesundheitswesen jetzt nutzen. In den USA werden massenhaft Daten gesammelt und mit großem Gewinn weiterverkauft, in China bedeuten Datensammlungen stets Überwachung und staatliche Bevormundung. Wir dagegen haben die Chance, ein System zu schaffen, welches im Kern eine demokratische Legitimation hat, weil es das Wohl des Patienten in den Mittelpunkt stellt.

Der Patient entscheidet, wer zu welchem Zweck seine Daten einsehen und nutzen darf und ob seine Daten in anonymisierter Form zu wissenschaftlichen Zwecken ausgewertet werden dürfen. Dies trägt unter vielem anderen dazu bei, die Prävention, Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen zu verbessern.