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Warnzeichen für HIV ernst nehmen und den Test anbieten!

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_ Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts leben in Deutschland ca. 100.000 HIV-infizierte Personen. Jährlich ist mit ca. 3.700 Neuinfektionen zu rechnen. Bei ca. 13.000 Menschen ist die Infektion nicht bekannt. „Wenn HIV-Infektionen zu spät diagnostiziert werden, führt dies zu tiefgreifenden Komplikationen, erhöhter Sterblichkeit und steigenden Therapiekosten“, so Prof. Matthias Stoll, Hannover. Dazu komme das Übertragungsrisiko, wenn der Patient nicht behandelt wird. „Deshalb ist es von großer Bedeutung, die Barrieren für HIV-Tests abzubauen“, betonte Stoll. Vor allem bei Frauen, älteren Personen und schwulen Männern, die sich nicht als solche zu erkennen geben, bestehe die Gefahr einer zu späten Diagnose.

Die drei P-Fragen

Das Thema Sexualität sollte daher in die Anamnese einbezogen werden, um Personen zu identifizieren, bei denen ein HIV-Test angebracht ist. Zur Risikostratifizierung empfehlen sich die drei Ps: Partner, Praktiken und Prävention. Folgende Fragen sollten Sie stellen: Sind Sie sexuell aktiv? Haben Sie eher Sex mit Männern oder Frauen? Leben Sie in fester Beziehung? Hatten Sie im letzten Jahr Sex mit unterschiedlichen Partnerinnen oder Partnern? Welche Art von sexuellen Kontakten hatten Sie? Wie gut kennen Sie sich aus mit dem Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen? Wurden Sie schon einmal bzgl. einer sexuell übertragbaren Infektion untersucht oder behandelt? Wünschen Sie einen HIV-Test, weil Sie glauben, dass Sie ein Risiko haben?

Auf Indikatoren achten

Es gibt eine Reihe von Symptomen und Erkrankungen, die auf eine mögliche HIV-Infektion hinweisen können und deshalb immer eine HIV-Testung erfordern. Dies sind:

  • Herpes Zoster, Herpes-simplex-Infektionen vor allem innerer Organe

  • Mononukleose-ähnliche Erkrankung

  • Zytomegalie-Virus-Infektion des Auges

  • Rezidivierende Pneumonien, Pneumocystis-Pneumonie

  • Tuberkulose und andere Mykobakteriosen

  • Candidose (Mund, Ösophagus, Trachea, Bronchien, Vagina)

  • Kryptokokkose

  • Andere sexuell übertragbare Infektionen (Syphilis, Gonorrhö, Hepatitis C)

  • Enzephalopathie, periphere Neuropathie

  • Malignome (Zervix- und Analkarzinom, Lymphome, Kaposi-Sarkom).

Auch ein unklarer Gewichtsverlust, chronische Diarrhö, seborrhoische Dermatitis und eine länger als 4 Wochen bestehende Leukozytopenie oder Thrombozytopenie sollten an eine HIV-Infektion denken lassen und Anlass für eine Testung sein.

Die von den Patienten angegebenen Symptome sind unspezifisch: 80% der HIV-Infizierten klagen über Fieber, 68% über anhaltende Müdigkeit, 54% über Gelenkschmerzen oder Appetitlosigkeit und 51% über ein Exanthem.

Diagnostische Lücke beachten

Nach der Infektion vergehen in der Regel 4–6 Wochen, bis ausreichend Antikörper gebildet sind, um die Erkrankung nachweisen zu können. Das Antigen p24 ist schon etwas früher nachweisbar. Die heute standardmäßig eingesetzten Kombinationstests der 4. Generation testen sowohl auf p24 als auch auf Antikörper. „Sechs Wochen nach der Infektion schließt ein negatives Testergebnis eine HIV-Infektion sicher aus“, so Stoll. Liegt die Risikosituation kürzer zurück, sollte bei negativem Ergebnis der Test 6 Wochen nach der vermeintlichen Infektion wiederholt werden. Ein positives Ergebnis sollte mit dem Western-Blot-Test bestätigt werden.