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Prof. Dr. med. T. Duning Gedächtnisambulanz, Universitätsklinikum Münster

_ Es ist bekannt, dass ein moderater Alkoholkonsum womöglich einen kardiovaskulär protektiven Effekt hat. Um die bisher unklaren Auswirkungen auf das Risiko primär neurodegenerativer Erkrankungen zu erforschen, wurden 9.087 Beamte des öffentlichen Diensts in London im Alter von 35–55 Jahren in eine prospektive Kohortenstudie eingeschlossen. Sie wurden im Schnitt 23 Jahre lang beobachtet. Bei 397 Patienten (ca. 4%) wurde im Verlauf eine Demenz diagnostiziert.

Nach multivariabler Anpassung war eine Alkoholabstinenz mit einem höheren Demenzrisiko verbunden als ein moderater Konsum von wöchentlich 1–14 Einheiten (Hazard Ratio [HR]: 1,5; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,15–1,89). Eine Einheit enstpricht 8 g Alkohol. Jenseits der 14 Einheiten pro Woche stieg das Demenzrisiko linear an, und zwar um 17% je zusätzliche 7 Einheiten pro Woche. Ein dokumentierter Alkoholmissbrauch verdoppelte das Demenzrisiko (HR: 2,1; KI: 1,29–3,71).

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Auch Änderungen des Konsumverhaltens im Verlauf der Studie hatten einen Einfluss, wenn man die Teilnehmer mit jenen verglich, die langfristig stabil 1–14 Einheiten pro Woche konsumierten. Ein höheres Demenzrisiko ergab sich v. a. bei langfristiger Abstinenz (HR: 1,7; KI: 1,31–2,30), einem Rückgang des Verbrauchs (HR: 1,6; KI: 1,08–2,22) und einem langfristigen Konsum von mehr als 14 Einheiten pro Woche (HR: 1,4; KI: 1,02–1,93).

KOMMENTAR

Es ist schon erstaunlich, wie das Demenzrisiko bei Alkoholabstinenz stieg. Sogar die Reduktion eines moderaten Alkoholkonsums erscheint riskant. 1–14 Einheiten je Woche scheinen das Gehirn zu schützen. Man muss aber anmerken, dass die empfohlenen Alkoholhöchstmengen in Europa deutlich darüber liegen; in Deutschland z. B. bei 21 Einheiten für Männer, in Spanien gar bei 61. Mit diesen Grenzen wäre das Demenzrisiko auch nach diesen Ergebnissen deutlich erhöht.

Zudem darf nicht vergessen werden, dass Alkoholabhängigkeit und -missbrauch und die damit verbundenen Krebs- und Lebererkrankungen keine Berücksichtigung fanden. Zudem fußte der demenzprotektive Effekt in der Studie auf dem Ausbleiben kardiovaskulärer Ereignisse — es war also kein direkt neuroprotektiver Effekt.