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Antibiotika für Patienten mit hohem Risiko.

© ViDi Studio / stock.adobe.com(Symbolbild mit Fotomodellen)

_ Es gab Zeiten, da wurde auch bei nur leicht oder moderat erhöhtem Risiko für eine infektiöse Endokarditis ziemlich schnell zu einer Antibiotikaprophylaxe gegriffen, wenn ein zahnmedizinischer Eingriff anstand.

2007 veröffentlichte jedoch die American Heart Association (AHA) neue Empfehlungen, wonach bei invasiven Zahneingriffen nur noch Menschen mit hohem Endokarditis-Risiko standardmäßig eine Antibiotikaprophylaxe erhalten sollten, nicht dagegen Menschen mit nur moderatem oder gar niedrigem Risiko. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat im Jahr 2009 eine ähnliche Empfehlung veröffentlicht.

Wie haben sich die Änderungen ausgewirkt?

Bei der Jahrestagung der AHA in Chicago haben US-Ärzte um den Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen Dr. Martin Thornhill vom Carolinas Medical Center in North Carolina eine Analyse vorgestellt, bei der sie anhand von Datenbanken des Versicherers Medicare sowie der Verschreibungsdatenbank Truven Health Market Scan untersucht haben, wie sich die AHA-Leitlinie auf die Antibiotikaverschreibungen ausgewirkt hat.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Leitlinie über die Jahre einen ziemlich deutlichen Effekt hatte. Bis 2015 fiel der Anteil der Patienten, die bei moderatem Endokarditis-Risiko ein prophylaktisches Antibiotikum verschrieben bekamen, um 64%. Allerdings nahm der entsprechende Anteil auch bei den Patienten mit hohem Endokarditis-Risiko um ein Fünftel ab. Beides war statistisch signifikant.

„Ärzte vielleicht zu übereifrig“

Die Abnahme bei den Verordnungen ging einher mit einer signifikanten Erhöhung der Endokarditis-Inzidenz bei Individuen mit hohem Risiko auf knapp das Dreifache. Auch bei moderatem Risiko stieg die Endokarditis-Inzidenz, allerdings nur um 75%, was gerade an der Grenze zur statistischen Signifikanz lag. Bei Menschen mit niedrigem Risiko gingen die Antibiotikaverordnungen um rund die Hälfte zurück, an der Endokarditis-Inzidenz änderte sich dadurch nichts.

Thornhill betonte, dass die Ergebnisse zum einen dafür sprächen, dass sich die Empfehlung, bei niedrigem bis moderatem Risiko auf eine Antibiotikaprophylaxe zu verzichten, bewährt habe. Die Daten zeigten aber auch, dass viele Ärzte ein wenig übereifrig seien und bei zumindest einigen Hochrisikopatienten auf das Antibiotikum verzichteten. Dies könnte zu einer ungewollten Zunahme der infektiösen Endokarditis bei Hochrisikopatienten geführt haben.