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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München

_ In Europa sind mittlerweile die Hälfte der Heranwachsenden bis zum 20. Lebensjahr von einer Myopie betroffen. In asiatischen Ballungsräumen sind es bereits bis zu 90%. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass neben genetischen Faktoren der Lebensstil das Entstehen einer Myopie begünstigt — speziell der Aufenthalt in Innenräumen, also eine verminderte Exposition gegenüber natürlichem Licht, sowie exzessives Nahsehen.

Für eine Studie in Taiwan wurden nun 693 Erstklässler rekrutiert. Bei 267 von ihnen wurde dafür gesorgt, dass sie sich ein Jahr lang mindestens 11 Stunden pro Woche im Freien aufhielten. Dafür wurden Eltern und Lehrer geschult. Die restlichen 426 Kinder behielten ihre bisherigen Lebensgewohnheiten bei. Zu Beginn der Studie und nach einem Jahr wurden jeweils die Refraktionsdaten und die die axiale Länge der Augen ermittelt. Darüber hinaus wurde ein Tagebuch und ein Fragebogen von den Eltern und Lehrern geführt.

Nach einem Jahr hatten 49% der Kinder in der „Frischluft-Gruppe“ mehr als 1.000 Lux erhalten. In der Kontrollgruppe waren es nur 22% (p < 0,001). Die mittlere Dioptrie als Maß für den Brechungsfehler der Augen lag in der Interventionsgruppe bei 0,35, in der Kontrollgruppe bei 0,47 (p < 0,002). Die Verlängerung der Augenachse war in der Interventionsgruppe geringer (0,28 vs. 0,33 mm, p = 0,003). Das Risiko für eine rasch progrediente Myopie lag in der Gruppe mit Lichtexposition um 54% niedriger (p < 0,003).

KOMMENTAR

Unsere Lebensgewohnheiten beeinflussen unsere Gesundheit. Vermehrter Aufenthalt in Innenräumen bei künstlichem Licht, stundenlanges Nahsehen und Beschäftigung mit elektronischen Medien haben die Myopie zu einer der großen Volkskrankheiten gemacht. Die Daten dieser Studie dürften nachhaltigen Einfluss auf die allgemeinen Präventionsmaßnahmen zur weltweiten Reduktion der Prävalenz der Myopie haben.