_ Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Catherine E. Dubé von der University of Massachusetts Medical School in Worcester und ihre Kollegen haben in ihrer Querschnittsstudie überprüft, ob sich Dokumentation und Management von Schmerzen bei Krebspatienten in Pflegeeinrichtungen je nach Schweregrad einer kognitiven Störung unterscheiden. Sie stützten sich dabei auf die Daten von mehr als 367.000 Patienten, bei denen zwischen 2011 und 2012 Krebs diagnostiziert worden war und die erstmals in eine Pflegeeinrichtung kamen.

Erfassung von Schmerzen und geistigem Zustand

Um Schmerzen und das entsprechende Management sowie den Grad der kognitiven Beeinträchtigung zu dokumentieren, nutzten die Wissenschaftler die jüngste Version des „Minimum Data Set“ (MDS 3.0) der Resident Assessment Instruments (RAI). Es handelt sich dabei um ein strukturiertes und standardisiertes Instrument zur Verbesserung der Pflegequalität in der Langzeitpflege. Erfasst werden damit unter anderem funktioneller und klinischer Status sowie aktuelle Diagnosen und Behandlungsmaßnahmen. Die kognitive Leistung wurde mithilfe von BIMS (Brief Interview für Mental Status) oder CPS (Cognitive Performance Scale) beurteilt. Fast 338.000 Patienten hatten von sich aus Angaben über Schmerzen gemacht, bei mehr als 30.700 wurden Schmerzen und ihre Intensität mithilfe des Pflegepersonals ermittelt.

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Wer weiß, wie viel Schmerzen er hat?

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Kognitiv beeinträchtigte Patienten erhalten weniger Schmerzmittel

Die Schmerzprävalenz lag in der Gruppe der Patienten ohne oder mit leichter kognitiver Beeinträchtigung, bei denen der Schmerzbefund durch das Personal erhoben wurde, bei 55,5%. Bei Patienten mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung betrug die Prävalenz dagegen 50,5%. Deutlich höher war die Prävalenz in der Gruppe der Patienten, die selbst Angaben zu Schmerzen machen konnten. Sie lag bei knapp 68%, wenn die Patienten keine oder nur eine leichte kognitive Beeinträchtigung hatten, jedoch bei nur knapp 42% in der Gruppe der Patienten mit ausgeprägten Kognitionseinbußen.

Insgesamt betrachtet war die Schmerzprävalenz umso geringer, je stärker die kognitive Beeinträchtigung war, unabhängig davon, ob die Angaben zu Schmerzen von den Patienten selbst stammten oder mithilfe des Personals ermittelt wurden.

Aus den Analysen geht zudem hervor, dass deutlich weniger Patienten mit schweren Kognitionseinbußen eine pharmakologische Schmerztherapie erhielten als Patienten ohne oder nur mit leichter Kognitionsstörung (59,4% versus 74,9%).

Bessere Dokumentation und Versorgung nötig

Dubé und ihre Kollegen halten den MDS 3.0 für noch nicht ausgereift. So könnten Schmerzen bei chronischen Erkrankungen aufgrund verschiedener Faktoren, etwa des kognitiven Status, mal stärker, mal schwächer sein. Zudem werde er nur vierteljährlich angewendet und erfasse nur die vergangenen fünf Tage. Nach Ansicht der Autoren werden neue Techniken dringend benötigt, um Schmerzdokumentation und -behandlung bei Patienten mit kognitiven Einbußen in Pflegeeinrichtungen zu verbessern.