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In der German Male Sex-Study haben mehr als 12.000 Männer im Alter von 45 Jahren Auskunft über ihr Sexualleben gegeben. Studienleiterin Prof. Kathleen Herkommer berichtet.
MMW: Die Studie beruht auf Selbstauskünften zur Sexualität. Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Herkommer: Wenn man die Probanden direkt fragt, erhält man eher sozialkonforme Antworten. Wir haben deshalb einen pseudonymisierten Fragebogen verwendet, den die Männer in Ruhe und ohne ihre Partnerin ausfüllen sollten. Es handelt sich dabei um Männer, die an der Prostatakrebs-Screening-Studie PROBASE teilnehmen, ein bevölkerungsbasiertes Kollektiv. Die Teilnehmer wissen, dass es wichtig ist, ehrlich zu antworten, weil wir letztlich herausfinden wollen, ob das Sexualverhalten mit der späteren Inzidenz von Prostatakrebs korreliert.
MMW: Ein auffälliges Ergebnis ist, dass bei Männern, die sich als homosexuell bezeichnen, oft eine Diskrepanz zum Sexualverhalten besteht ...
Herkommer: Von den 3,8% der Männer mit homosexueller Orientierungsidentität haben auf die Frage „Welche Art von Geschlechtsverkehr hatten Sie in den letzten drei Monaten?“ 10% vaginalen Verkehr angegeben. Das hatten wir nicht erwartet. Unter diesen Männern wiederum gab es sogar 19, die gar keine sexuelle Erfahrung mit Männern hatten, also „hidden homosexuals“ waren.
MMW: Wie erklären Sie das?
Herkommer: Aus Studien wissen wir, dass sich bei Männern bis Mitte 20 herausbildet, welches Geschlecht sie präferieren. Es kann sich aber auch später noch herauskristallisieren. Zu der Zeit führen sie möglicherweise schon ein anderes Leben, etwa mit Frau und Kindern. Dann ist es wahrscheinlich nicht einfach, dieses Leben nach außen komplett umzukrempeln. Manche Männer scheuen sich vielleicht auch, sich zu outen, selbst wenn die Gesellschaft offener dafür geworden ist.
MMW: Verursacht die Nichtübereinstimmung von sexueller Orientierung und Sexualleben psychische und/oder körperliche Schäden?
Herkommer: Mit Sicherheit kann das zu Libidostörungen führen. Durch die psychische Belastung können vermutlich auch sexuelle Funktionsstörungen verstärkt werden, etwa eine erektile Dysfunktion oder eine Ejaculatio tarda.
MMW: 95% der Männer bezeichneten sich als heterosexuell. Was haben Sie über ihr Sexleben herausgefunden?
Herkommer: Was mich ein bisschen erstaunt hat, war, dass 85% der Männer im Alter von 45 angaben, dass sie in den letzten drei Monaten sexuell aktiv waren — ein guter Prozentsatz. Der Geschlechtsverkehr war bei den Heterosexuellen überwiegend vaginal, aber 7% haben auch analen und 58% oralen Verkehr. Diese Zahlen können wir als Basis für weitere Studien nutzen. Zum Beispiel wird ja über einen Zusammenhang von Oralverkehr und Kehlkopfkrebs diskutiert.
Was tatsächlich so ist, wie man es aus der Laienpresse kennt: Die Zahl der Geschlechtspartner bei Heterosexuellen bis zum 45. Lebensjahr liegt zwischen zwei und zehn. Homosexuelle haben deutlich mehr Sexualpartner.
MMW: Was können Hausärzte für den Praxisalltag aus den aktuellen Studiendaten mitnehmen?
Herkommer: Es ist wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht jeder Patient so ist, wie man sich das vielleicht vorstellt: Einmal in der Woche vaginaler Geschlechtsverkehr und mit 60 ist es vorbei. Libidostörungen können auch mal daher rühren, dass sexuelle Orientierung und Sexualleben nicht zusammenpassen. Und oraler und analer Geschlechtsverkehr können auch bei Heterosexuellen an der Übertragung von Infektionen beteiligt sein.
Interview: Dr. Beate Schumacher
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Springer Medizin. Welchen Sex haben Männer mit 45?. MMW - Fortschritte der Medizin 160, 8 (2018). https://doi.org/10.1007/s15006-018-1058-z
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