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_ Verantwortlich für die zunehmende Prävalenz der Adipositas sind der moderne inaktive Lebensstil und die hohe Verfügbarkeit energiedichter Speisen und Getränke, erklärte Prof. Martina de Zwaan, Hannover. Nahrung sei zudem ein potenter Verstärker des Belohnungssystems. Der im Überfluss vorhandenen schmackhaften Nahrung kann das komplexe homöostatische System, welches eigentlich Gewichtsstabilität zum Ziel hat, keine ausreichende Bremse entgegensetzen, „Ein stabiles Körpergewicht bedarf einer ständigen kognitiven Kontrolle“, so Zwaan. Das falle manchen Menschen schwerer als anderen.

Psychische Risikofaktoren

Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die diese kognitive Kontrolle beeinträchtigen können und somit die Manifestation der Adipositas fördern. Dazu zählen:

  • Schlafmangel

  • Stress

  • Depression

  • Impulsivität bis hin zu ADHS

  • Essstörungen

  • Medikamente, insbesondere Psychopharmaka, Glukokortikoide und Betablocker.

„Die psychische Komorbidität ist bei adipösen Patienten deutlich erhöht“, so de Zwaan. Essen sei für viele Betroffene ein Mittel, um psychische Probleme zu lindern bzw. unangenehme Gefühle besser ertragen zu können.

Stigmatisierung und Diskriminierung

Adipöse Menschen werden häufig für ihr Übergewicht selbst verantwortlich gemacht und sehen sich negativen Stereotypen, nämlich faul und undiszipliniert zu sein, ausgesetzt. „Sie erfahren gesellschaftliche Missbilligung, Stigmatisierung und Diskriminierung“, so de Zwaan. Stigmatisierung erfolge auch am Arbeitsplatz und sogar im Gesundheitswesen. Solche Erfahrungen können zu einer Selbstinvalidisierung der Betroffenen führen, was i. S. eines circulus vitiosus wiederum das maladaptive Essverhalten verstärkt und auch Depressionen und Angststörungen befördert.

Dem Patienten mit Respekt begegnen

„Wie bei anderen chronischen Erkrankungen haben wir bei der Adipositas selten die Möglichkeit, zu heilen, aber wir haben die Möglichkeit, dem adipösen Patienten mit Respekt zu begegnen, und das sollten wir auch tun“, so de Zwaan.

Eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Gewichtsreduktion sei eine nicht-stigmatisierende Grundhaltung dem Patienten gegenüber. Man müsse realistische Behandlungsziele festlegen. Eine Abnahme von 5 bis 10% des ursprünglichen Gewichts, die über ein Jahr gehalten wird, gilt als Erfolg. „Das Behandlungsziel ist nicht mehr das Erreichen des Normalgewichts, sondern eine moderate, aber dauerhafte Gewichtsabnahme.