_ Nicht einmal jeder 20. Hochrisikopatient mit Immunsuppression ist gegen Pneumokokken geschützt. Das hat eine Studie von Wissenschaftlern um Niklas Schmedt vom Institut für angewandte Gesundheitsforschung (InGef) in Berlin ergeben. Analysiert wurden die Daten von Patienten mit Immunsupression aus der InGef-Datenbank. Von den 204.088 Hochrisikopatienten aus den Jahren 2013–2016 hatten nur 4,4% binnen zweier Jahre nach erstmalig vorliegender Impfindikation die empfohlene sequenzielle Pneumokokken-Impfung erhalten.

Vor allem auch die komplizierten Impfempfehlungen verhindern offenbar gute Pneumokokken-Schutzraten. Anders als bei Kleinkindern und Senioren ab 60 rät die STIKO nämlich zu einem unterschiedlichen Vorgehen in zwei Gruppen. Unterschieden werden:

  • Hochrisikopatienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder auch Immunsuppression. Hierzu gehören Patienten mit Krebs, HIV-Infektion, Nierenversagen aber auch solche mit immunsuppressiver Therapie etwa bei Rheuma, Psoriasis oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Auch Patienten mit einem Cochlea-Implantat oder einer Liquorfistel gehören dazu. Allen diesen Patienten wird eine sequenzielle Pneumokokken-Impfung empfohlen. Gestartet wird dabei mit dem 13-valenten Konjugat-Impfstoff gefolgt von einer Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) sechs bis zwölf Monate später.

  • Patienten mit anderen chronischen Erkrankungen wie Herz- oder Lungenleiden, Diabetes und andere Stoffwechselleiden sowie mit Zerebralparesen, Anfallsleiden oder anderen neurologischen Erkrankungen wird nur im Alter von 2–15 Jahren die sequenzielle Impfung empfohlen. Bei Älteren rät die STIKO nur zu PPSV23

Die großen Impflücken bei den Hochrisikopatienten lassen sich zudem durch einen Kommunikationsmangel zwischen Haus- und Fachärzten erklären, berichtete Dr. Markus Frühwein, München. „Insbesondere bei Patienten mit Immunsuppression bestehen bei manchem Hausarzt Unsicherheiten und die Sorge vor einer Verschlimmerung der Haupterkrankung“, meinte Frühwein.

Die Unsicherheiten bei den Impfungen werden aber meist nicht abgeklärt. So tauschen sich Haus- und Fachärzte zwar regelmäßig über die Therapie eines gemeinsam betreuten immunsupprimierten Patienten aus. Das Thema Impfen wird dabei aber nur manchmal oder gar nicht angesprochen.

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Eine Impfung hätte diese Pneumonie verhindert!

© Zephyr / Science Photo Library

Frühwein kritisierte die umständliche interdisziplinäre Kommunikation zwischen den Praxen. Nach einer von Pfizer durchgeführten Umfrage werden dafür vor allem Telefon (78%) oder Arztbrief (60%) genutzt. E-Mails seien für den Informationsfluss oft viel einfacher, schneller und effizienter, betonte er.