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Prof. Dr. med. P. Schwarz Abteilung Prävention, Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Dresden

_ Für eine Studie in den USA wurde zwei bestehenden Datensets die Angaben zu Diabetes und Depression entnommen. Eingeschlossen wurden 3.072 Personen aus dem National Health und Nutrition Examination Survey (NHANES) von 2007–2008 sowie 2.300 Teilnehmer der Arthritis, Coping and Emotion Study (ACES) von 2002–2006. Bei der Auswertung wurden Alter, ethnische Gruppe, Geschlecht, Schulbildung und BMI berücksichtigt.

Im NHANES wurde der Depressions-Fragebogen PHQ-9 verwendet. Für jeden Punkt auf der Skala wurde eine 5%ige Zunahme der Diabetesprävalenz beobachtet. In der ACES kamen die CES-D-Skala und das Interview-Tool CIDI zum Einsatz. Hier war jeder zusätzliche Punkt auf der Skala der depressiven Symptome mit einer signifikanten, 2%igen Zunahme der Diabetesdiagnosen vergesellschaftet.

Eine Depression innerhalb der letzten zwölf Monate erhöhte das Diabetesrisiko um 49%, eine im Lauf des Lebens aufgetretene Depression um 40%.

KOMMENTAR

Wir wissen noch nicht, ob Diabetes Depression hervorruft oder umgekehrt. Interessant ist, dass hier eine Jahre zurückliegende Depression das Diabetesrisiko fast genauso beeinflusste wie eine kürzlich durchlebte oder bestehende.

Vor Jahren sagte mir mal ein Kollege auf einer Tagung: „Wenn wir bei einem depressiven Patienten Diabetes neu diagnostizierten, behandeln wir erst mal drei Monate lang die Depression, ehe wir mit der Diabetestherapie anfangen.“ In Leitlinien steht so etwas nicht, aber die Intuition der Kollegen war vielleicht gar nicht falsch. Wenn depressives Verhalten — unabhängig von endokrinen Funktionen — Diabetes begünstigt, dann ist die Behandlung von depressiven Symptomen ggf. schon nahe an einer kausalen Diabetestherapie.

Diese Studie sollte uns unbedingt in Erinnerung bleiben. Der Diabetiker in der Sprechstunde hat vielleicht eine Depression, der depressive Patient einen Diabetes. Beides hängt eng zusammen, und die Behandlung des einen kann sich positiv auf das andere auswirken.