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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, München

Eine 84-jährige Patientin wurde wegen einer grau-blauen Verfärbung ihres Gesichts überwiesen. Aus der Vorgeschichte war lediglich eine Hypertonie erwähnenswert, die mit Amlodipin und Olmesartan behandelt wurde. Allerdings hatte die Frau über die letzten 15 Jahren eine ionisierte Silberlösung eingenommen, die ein Naturheilkundler ihr wegen diverser Beschwerden verordnet und „praktischerweise“ auch gleich selbst verkauft hatte.

Gesicht, Hals und Konjunktiven waren grau-blau verfärbt. Die Laborwerte zeigten nur einen pathologischen Befund, nämlich eine ca. 100-fach erhöhte Serumkonzentration von Silber (178 nmol/l; Normalbereich: 0–1,86) und einen erhöhten Silber-Kreatinin-Quotienten im Urin von 605 ng/g (Normalbereich: 0–77,5). Es handelte sich also um eine Argyrie, eine Silberablagerung v. a. in der sonnenexponierten Haut. Auch zwei Monate nach Absetzen der Silberlösung hatte sich das Aussehen nicht verändert, wie es leider zu erwarten gewesen war.

Silber wurde als Therapeutikum in der Antike und im Mittelalter, in der chinesischen und indischen Medizin für ganz unterschiedliche Erkrankungen eingesetzt und geschätzt. Heute gibt es keine gesichert wirksame Indikation in der Medizin. Inzwischen hat die WHO Silber zur toxischen Substanz deklariert. Die EU hat eine Deklarationspflicht für Silber in Kosmetika erlassen. Trotzdem werden weiterhin zahlreiche silberhaltige Präparate für diverse Krankheiten angeboten — v. a. im Internet.

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Grau-blaue Verfärbung von Gesicht, Hals und Konjunktiven.

© CMAJ. 2018;190:E139