_ Metabolisches Syndrom und männlicher Hypogonadismus sind weit verbreitet. Nicht selten sind beide in Kombination anzutreffen: Bei 20–64% der adipösen Männer werden Testosteronwerte unter der Norm gemessen.

Testosteronmangel fördert metabolisches Syndrom und umgekehrt

In einer systematischen Analyse haben Christina Dimopoulou, Universität Thessaloniki, und Kollegen nach Verbindungen zwischen metabolischem Syndrom und männlichem Hypogonadismus gesucht. Das Ergebnis: Eine Reihe von Studien belegt Zusammenhänge zwischen niedrigen Testosteronwerten und Insulinresistenz, erhöhtem Typ-2-Diabetes-Risiko, Adipositas, ungünstigem Lipidprofil und metabolischem Syndrom. Ein niedriger Testosteronspiegel gilt einigen Autoren inzwischen als unabhängiger Risikofaktor für Adipositas, metabolisches Syndrom und Diabetes.

Zudem mehren sich Hinweise, dass das metabolische Syndrom an der Pathogenese des Hypogonadismus bei Männern beteiligt ist und umgekehrt. So scheinen sich viszerales Fett und Testosteron gegenseitig zu beeinflussen. Testosteron unter der Norm begünstigt die Insulinresistenz, während ein niedriger Hormonwert andererseits auch als Folge der metabolischen Störung gesehen wird.

Einfluss auf die Adipozyten

Im Einzelnen schreibt man dem Testosteron u. a. einen direkten Einfluss auf die Regulation metabolischer Funktionen der Adipozyten zu. Die stärksten Evidenzen dafür, dass ein niedriger Testosteronspiegel mitverantwortlich für die Ausbildung einer Insulinresistenz oder eines Diabetes ist, kommen aus Studien mit Prostatakrebspatienten unter antiandrogener Therapie. Innerhalb von drei Monaten vergrößerte sich ihre Masse an viszeralem Fett, und die Glukosetoleranz verschlechterte sich. Umgekehrt sorgt überschüssiges Fettgewebe dafür, dass vermehrt Testosteron in Östradiol umgewandelt wird, was zu einem sekundären Hypogonadismus führen kann. Hinweise gibt es auch dafür, dass Adipokine wie Leptin, Adiponectin und Resistin sowie Peptidhormone wie Ghrelin eine Vermittlerrolle zwischen Komponenten des Energiehaushalts und der männlichen Fertilität spielen.

Was Supplementation bewirken kann

Studien zufolge kann eine Testosteronsupplementation bei Männern mit metabolischem Syndrom und/oder Diabetes und Hypogonadismus entsprechende Symptome verbessern. Nachgewiesen wurden positive Einflüsse auf das Fett-Muskel-Verhältnis, den HOMA-Index, Nüchternglukose, HbA1c, Insulinresistenz, Lipidprofil, Taillenumfang und Sexualfunktion.

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Zu viel Fett, zu wenig Hormone?

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Laut Dimopoulou besteht Konsens, dass Männer mit einem Serumtestosteron < 8 nmol/l (nüchtern zwischen 7 und 11 Uhr) von einer Testosteronsupplementation profitieren. Bei Werten zwischen 8 und 12 nmol/l könne bei Vorliegen typischer Hormonmangelsymptome eine Supplementation erwogen werden.

Auf Lebensstiländerungen drängen

Neben der Hormontherapie sollten auch Lebensstilmodifikationen genutzt werden. Belegt sind z. B. der positive Einfluss körperlicher Aktivität und einer Kalorien- bzw. BMI-Restriktion auf den funktionellen Hypogonadismus.

Ob die Beziehungen zwischen metabolischem Syndrom und Testosteronmangel kausal und reversibel sind und inwieweit die kardiovaskuläre Sicherheit der Hormonsupplementation gewährleistet ist, müsse in kontrollierten Studien untersucht werden, so die Autoren. Erst dann könnten Testosteronbestimmung und Supplementation in die Algorithmen zu Prävention, Diagnostik und Therapie bei Männern mit metabolischem Syndrom und/oder Typ-2-Diabetes aufgenommen werden.