Das Anaphylaxie-Notfallset kann Patienten mit Insektengiftallergie das Leben retten — sofern es richtig angewendet wird! Wer es bekommen sollte und was man beim Einsatz beachten muss, schilderte die Allergologin Prof. Christiane Bayerl, Wiesbaden, auf dem Praxis Update.
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_ Eine Hymenopterengiftallergie abzuklären, ist aufwendig; daher kann es im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, ein Notfallset zu rezeptieren, wenn die Diagnostik noch läuft, riet Prof. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios-Kliniken in Wiesbaden. Die Klassiker für die Diagnostik in der Hausarztpraxis sind laut Bayerl nach wie vor
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das spezifische IgE gegen Bienen- und Wespengift sowie
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der Hauttest am Unterarm mit kommerziell erhältlichem Gift.
Letzterer sollte möglichst früh (zwischen vier Wochen und längstens zwölf Monaten nach der Stichreaktion) erfolgen.
Ein Test, der neuerdings bei allen Erwachsenen mit systemischer Sofortreaktion empfohlen wird, ist die Bestimmung der basalen Serumtryptase. Bei Mastozytose-Erkrankungen ist diese dauerhaft erhöht. Die Betroffenen haben ein besonders hohes Risiko für Anaphylaxien.
Notfallset: Was ist drin, wer bekommt’s?
Das Notfallset für Bienen- und Wespengiftallergiker enthält klassischerweise neben einem H1-Rezeptorblocker und einem Glukokortikoid auch einen Adrenalin-Injektor zur i.m. Applikation. Zu beachten ist nach Bayerl, dass man für stark Übergewichtige Menschen einen Pen mit höherer Adrenalin-Einheit (z. B. 300 bzw. 500 μg) sowie eine längere Nadel (z. B. 23 mm) wählen sollte, um wirklich im Muskel zu landen.
Eine Task Force der EAACI* hat 2016 definiert, wann der Adrenalin-Pen verschrieben werden sollte. Absolute Indikationen wären demnach
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eine Mastzellerkrankung, z. B. Urticaria pigmentosa,
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klinische Reaktionen vom Grad II, also über das Hautorgan hinaus (z. B. Quincke-Ödem und Dyspnoe),
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systemische Reaktionen, z. B. Schwindel, Schwäche, Tachykardie,
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Reaktionen unter einer nicht abgeschlossenen Immuntherapie,
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Berufe mit hohem Stichrisiko, z. B. „der Angestellte, der in einer Bäckerei Zwetschgenkuchen verkauft“.
Eine relative Indikation besteht bei Patienten, die zwar nur leicht auf Bienen- oder Wespenstiche reagieren, aber z. B. in Gegenden wohnen, wo ein Arzt nicht zeitnah zu erreichen ist.
Im Ernstfall alle drei Komponenten sofort geben!
Scharfe Kritik übte die Allergologin an der Empfehlung der Konsensusgruppe, das Notfallset erst bei Husten, Exanthem, Schluckbeschwerden, Ödem, Atemnot und Schwäche bei bekanntermaßen Sensibilisierten einzusetzen: „Das ist Wahnsinn!“ Bei i.m. Applikation sei das unter Umständen zu spät. Heute wird explizit geraten, alle drei Medikamente unbedingt sofort einzusetzen.
Nicht stehen lassen kann Bayerl ferner die im Konsensuspapier empfohlene Überwachungsdauer von 6 bis 24 Stunden nach dem Stich: Eine sechsstündige Überwachung sei viel zu kurz; diese vernachlässige die Möglichkeit einer biphasischen Reaktion: „Das Ödem schwillt ab, Sie lassen Ihren Patienten nach Hause gehen — aber mitten in der Nacht reagiert er wieder!“ Daher gelte in jedem Fall: „Ein sensibilisierter Patient muss 24 Stunden überwacht werden!“
Literatur
Praxis Update, 27./28. April 2018 in München, Bilò MB et al. Self-medication of anaphylactic reactions due to Hymenoptera stings — an EAACI Task Force Consensus Statement. Allergy 2016;71:931–943
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Oberhofer, E. „Im Ernstfall immer sofort Adrenalin!“. MMW - Fortschritte der Medizin 160, 14 (2018). https://doi.org/10.1007/s15006-018-0508-y
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