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PD Dr. med. Burkhard Rodeck

_ Im Kindes- und Jugendalter liegt die Prävalenz für Übergewicht nach aktuellsten Daten des Robert-Koch-Instituts bei 15,4% und für Adipositas bei 5,9%. Das ist viel zu hoch. Übergewicht und Adipositas bei Kindern führen im späteren Leben häufiger zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck sowie Störungen des Fett- und des Glukosestoffwechsels. Und neben den persönlichen Risiken der einzelnen Kinder sind langfristig auch die höheren Behandlungskosten zu berücksichtigen.

Prävention ausweiten

Die Frage nach mehr Investitionen in Prävention stellt sich da automatisch. Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Übergewicht und Adipositas spielt bekanntlich die Ernährung. Süße Getränke wie Softdrinks, Limo und Säfte sind enorme Kalorienträger, die der Konsument aber nicht als eigentliche Mahlzeit wahrnimmt. Für zusätzliche Pfunde sorgt Fast Food wie Burger, Pizza und Pommes — und v. a. Süßigkeiten und Snacks zwischendurch.

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Irgendetwas muss passieren!

© OcusFocus / Getty Images / iStock

Nun macht Großbritannien einen großen Schritt in Sachen Prävention: Seit April müssen Getränkehersteller dort eine Abgabe bezahlen, wenn ihre Limonaden besonders viel Zucker enthalten. Laut der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch zeigt die schon vor zwei Jahren angekündigte sogenannte Zuckersteuer bereits Wirkung. Getränkeunternehmen wie Coca-Cola, Britvic und Lucozade Ribena Suntory, die Handelskonzerne Tesco und Lidl sowie der Nahrungsmittelkonzern Nestlé haben seitdem den Zuckergehalt etlicher Produkte deutlich gesenkt.

So hat der Marktführer Coca-Cola den Zuckergehalt seiner beliebten Getränke Fanta und Sprite seit 2016 unter die Marke von 5 g pro 100 ml gesenkt. Fanta enthält jetzt 4,6 statt 6,9 g, während es bei Sprite von 6,6 auf 3,3 g hinunter ging. In Deutschland hingegen enthalten Fanta und Sprite aktuell noch immer mehr als 9 g Zucker pro 100 ml.

Das britische Beispiel zeigt, dass eine Verhaltenssteuerung der Industrie mit steuerlichen Anreizen oder Nachteilen durchaus effektiv möglich ist. Nebenbei wird sich der Verbraucher überlegen, ob er das überzuckerte, teure Produkt nicht zugunsten der günstigeren Alternative im Regal stehen lässt. Auch das ist Verhaltenssteuerung durch Steuer.

Eine Dose Zuckerbrause täglich

Warum sollte das nicht auch hierzulande funktionieren? Als Mitglied der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) fordert die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Maßnahmen, um den hohen Softdrink-Konsum zu senken. Die 11- bis 17-Jährigen trinken im Durchschnitt täglich über 300–400 ml Cola, Fanta oder Ähnliches — also eine ganze Dose jeden Tag! Dies entspricht 30–40 g Zucker. Der Mehrwertsteuersatz für Softdrinks sollte daher von derzeit 19% auf 29% angehoben werden.

Auch sollten ungesunde Produkte wie z. B. Fertigpizza, die heute vom ermäßigten Satz von 7% für Lebensmittel profitieren, künftig mit 19% besteuert werden. Im Gegenzug sollten Obst und Gemüse gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Klar ist: Ein bloßer Appell an die Getränkeindustrie wird verhallen.