_ Aus mehreren klinischen Studien geht hervor, dass eine subklinische Hypothyreose mit erhöhten TSH-Werten und physiologischen Thyroxinwerten mit einer Dyslipidämie, Hypertonie, beschleunigten Atherosklerose und koronaren Herzerkrankung assoziiert ist. Wissenschaftler aus Taiwan weisen auf die Ergebnisse experimenteller Studien hin, denen zufolge ein Mangel an Schilddrüsenhormonen zu einer Hypotonie führt, den Gefäßwiderstand erhöht und die Rückresorption von Natrium in der Niere vermindert. Dies hat zur Folge, dass unter anderem der renale Blutfluss vermindert wird.

Zudem gebe es Fallberichte über sekundär entstandene sporadische reversible Verminderungen der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bei Patienten mit manifester Hypothyreose, so die Wissenschaftler von der Taiwan-Universität in Taipeh. Auch habe es weitere Hinweise dafür gegeben, dass eine Hypothyreose die GFR verringern und den Proteinverlust im Urin fördern könne.

Kohortenstudie mit über 75.000 Teilnehmern

Weil bisher zu wenige Studien dazu existierten, haben die Wissenschaftler in einer großen Kohortenstudie den Zusammenhang zwischen einer subklinischen und manifesten Unterfunktion der Schilddrüse mit der GFR und einer Proteinurie nun genauer untersucht.

Für die Studie konnten Dr. Yi-Cheng Chang und Kollegen Laborbefunde von mehr als 75.000 Menschen auswerten. 1.240 Teilnehmer (1,7%) hatten eine Hypothyreose, 3.613 (4,9%) eine geschätzte GFR < 60 ml/min/1,73 m2 und 973 (1,3%) eine Proteinurie Grad ≥ 1+, also mindestens 1 g/24 h.

Die durchschnittliche GFR lag bei Teilnehmern mit Euthyreose bei 88, bei Patienten mit subklinischer Hypothyreose bei 83,5 und mit manifester Hypothyreose bei 72 ml/min/1,73 m2. Der entsprechende Anteil der Patienten mit einer Proteinurie lag bei 1,29%, 2,20% bzw. 2,97%.

Latente Hypothyreose verdoppelt Risiko für Nierenschaden

Für die Wahrscheinlichkeit einer chronischen Nierenerkrankung bei Patienten mit subklinischer Hypothyreose errechneten die Wissenschaftler eine Verdopplung des Risikos im Vergleich zu Teilnehmern mit gesunder Schilddrüse. Bei Patienten mit manifester Schilddrüsenunterfunktion war das Risiko für eine chronische Nierenerkrankung mehr als siebenfach erhöht. Dieser Zusammenhang blieb nach Berücksichtigung mehrerer möglicherweise verzerrender Faktoren bestehen.

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Ultraschall: ein wichtiger Bestandteil des Schilddrüsen-Checks.

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Auch das Risiko für eine Proteinurie ist der Studie zufolge bei Patienten mit subklinischer Hypothyreose verdoppelt und bei Patienten mit manifester Unterfunktion auf mehr als das Siebenfache erhöht, allerdings nach Adjustierung weniger ausgeprägt.

Ursachensuche

Die Ergebnisse der Querschnittstudie erlauben keine Schlüsse auf den kausalen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenfunktionsstörung und eingeschränkter Nierenfunktion. Nach Angaben der Wissenschaftler ist aber aus Tierversuchen bekannt, dass Mäuse mit defekten Schilddrüsenhormonrezeptoren eine Hypotonie und Bradykardie entwickeln und in der Folge eine eingeschränkte Nierenperfusion haben. Zudem würden Ratten mit Hypothyreose vermehrt Natrium ausscheiden. Würden solche Ratten mit Schilddrüsenhormonen behandelt, werde die Wiederaufnahme von Natrium im proximalen Tubulus wieder hergestellt, in dem die Na/H-Antiporter-Aktivität erhöht werde. Schließlich reduzierten die Hormone den Gefäßwiderstand und erhöhten letztlich die GFR, so die Wissenschaftler.