_ Drogenkonsum ist eine große Herausforderung in deutschen Gefängnissen. Etwa die Hälfte der Insassen hat bei Haftbeginn ein Alkoholproblem, ebenso viele fallen durch Missbrauch illegaler Drogen auf. In Nordrhein-Westfalen hat sich der Anteil Drogenabhängiger in den Gefängnissen innerhalb von zehn Jahren von 41 auf 48% erhöht, bei Frauen auf 50%, berichtete Dr. Michael Riedel, leitender Arzt an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln. Ähnliche Zahlen gebe es aus anderen Bundesländern.

Substitution für 160 Häftlinge am Tag

Im Jahr 2012 waren 17% der rund 2.600 Gefangenen aufgrund von Drogenvergehen inhaftiert. Oft setzen sich Drogenhandel und -konsum im Knast fort. So wurden in NRW im Jahr 2012 insgesamt 526 Ermittlungsverfahren gegen Gefangene und 49 gegen Besucher wegen Drogenschmuggels oder -besitzes eingeleitet.

Der damalige NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) forderte Konsequenzen: mehr Urinkontrollen, mehr Drogenspürhunde und eine Ausweitung der Substitutionsbehandlung in Haft.

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Drogenschmuggel: Alltag in vielen Gefängnissen.

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Dass die Substitution tatsächlich den Drogenkonsum und -handel im Gefängnis drastisch reduziert, konnte Riedel am Beispiel der JVA Köln zeigen: Dort wird opioidabhängigen Frauen seit 2008 eine Buprenorphin- und Männern seit 2010 eine Methadonsubstitution angeboten.

Jeder zweite Häftling hat ein Drogenproblem.

Für die Therapie infrage kommen Gefangene, die bereits in Freiheit eine Substitution erhalten hatten sowie solche mit mindestens zweijähriger Abhängigkeitsdauer und erfolglosen Entzugsversuchen. Schließlich können Häftlinge auch vor der Entlassung eine Substitution erhalten, wenn davon auszugehen ist, dass sie in Freiheit rasch wieder Heroin konsumieren. Das kann Todesfälle verhindern: Sind Häftlinge das Straßenheroin nicht mehr gewohnt, drohen Überdosierungen.

Bei Gefangenen unter Substitution wird der Urin streng kontrolliert. Lassen sich illegale Drogen nachweisen, erteilt die JVA Köln zunächst eine Verwarnung, beim zweiten Mal wird die Substitution abgebrochen und das Opiat ausgeschlichen. Nach einiger Zeit bieten die Ärzte jedoch einen neuen Therapieversuch an.

Konsum illegaler Opioide auf unter 2% gesunken

Der Erfolg der Maßnahme lässt sich sehen: Im Jahr 2007 wurden noch in rund 17% der Urinproben illegale Opiate nachweisen, inzwischen liegt der Anteil bei unter 2%. Cannabisabbauprodukte fanden die Ärzte vor Beginn der Substitution bei mehr als 13%, seither schwankt der Anteil zwischen 2 und 4%. Der Kokainkonsum war mit Beginn der Substitution um vier Fünftel gesunken.

Was ist machbar?

Riedel hält eine Substitution nicht nur für möglich, sondern auch für geboten und verwies auf das Äquivalenzprinzip, nach dem Häftlinge den Anspruch auf eine ähnliche gesundheitliche Versorgung haben wie GKV-Versicherte.

Was die Machbarkeit betraf, wandten einige Gefängnisärzte ein: In vielen Gefängnissen fehlten Ärzte und Pflegepersonal, hier sei an Substitution nicht zu denken. Dr. Marco Vahjen von der JVA Celle erinnerte zudem an den hohen Krankenstand: Dieser betrage etwa bei Gefängnismitarbeitern in Brandenburg 55 Tage im Jahr. Vahjen verwies jedoch auf die Leitlinie der Bundesärztekammer, die eine Substitution auch zur Reduktion der Straffälligkeit empfiehlt.