Avoid common mistakes on your manuscript.
? Anonym gestellte Frage: Neulich habe ich einen 82-Jährigen wegen eines akuten Koronarsyndroms in die Klinik eingewiesen. Dort wurde ein Diabetes mellitus diagnostiziert und eine Metformin-Therapie eingeleitet, obwohl der Patient an einer chronischen Niereninsuffizienz mit einer glomerulären Filtrationsrate (GFR) von 35 ml/min leidet. Ist da nicht Metformin kontraindiziert? Was wäre eine Alternative?
! MMW-Experte Stiefelhagen: Früher galt eine GFR von ≤ 45 ml/min als Kontraindikation für Metformin. Doch vor einigen Jahren wurde die Grenze auf 30 ml/min gesenkt. Grundsätzlich könnte man also bei dem von Ihnen betreuten Patienten Metformin einsetzen.
Man sollte aber bedenken, dass gerade bei betagten Patienten die GFR nicht immer konstant ist. Sie unterliegt deutlichen Schwankungen, v. a. wenn zusätzlich weitere Medikamente wie nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) oder Diuretika eingesetzt werden. Auch Infektionen oder eine Exsikkose können die GFR weiter abfallen lassen, ohne dass das bemerkt wird.
Deshalb empfiehlt es sich, bei betagten Patienten weiterhin eine GFR von 45 ml/min als untere Grenze einzuhalten. Eine sinnvolle Alternative, die auch bei einer chronischen Niereninsuffizienz gegeben werden kann, sind Gliptine.
! MMW-Gastexperte PD Dr. Michael Hummel, München: Metformin darf inzwischen auch in Deutschland bei einer GFR zwischen 45 und 59 ml/min in einer Dosierung von maximal 2 × 1.000 mg/d verabreicht werden. Bei einer GFR zwischen 30 und 44 ml/min, was einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium 3b (CKD3b) entspricht, ist eine maximale Dosierung von 2 × 500 mg/d zulässig. Formal gesehen ist die Verordnung von Metformin bei einer GFR von 35 ml/min in reduzierter Dosierung also in Ordnung.
Theoretisch wäre derzeit bei einer CKD3b auch die Gabe von Acarbose, Sulfonylharnstoffen, DPP4-Inhibitoren und GLP1-Rezeptor-Analoga möglich, wobei teils auf eine reduzierte Dosierung geachtet werden müsste. Bei einem Patienten wie dem von Ihnen beschriebenen mit Diabetes und koronarer Herzkrankheit wäre das sinnvollste orale Antidiabetikum nach Studienlage ein Gliflozin, z. B. Empagliflozin. Dies darf aber derzeit (noch) nicht bei dieser niedrigen GFR gegeben werden.
Die Halbwertszeit von Metformin beträgt ca. 6 Stunden, die Ausscheidung erfolgt unverändert renal. Man muss bei alledem anmerken, dass die gefürchtete unerwünschte Wirkung der Laktatazidose tatsächlich sehr selten ist, solange auf die Kontraindikationen geachtet wird. Dagegen zeigen sich die Vorteile des Metformins eben auch bei Menschen mit einer eingeschränkten GFR.
Letztendlich sind aber alle oralen Antidiabetika bei dieser grenzwertig niedrigen GFR mit Nachteilen behaftet, sodass man individuell entscheiden sollte. In der Praxis ist es vor diesem Hintergrund oft am sinnvollsten, auf eine Insulintherapie umzusteigen — insbesondere wenn kontinuierlich oder potenziell im Rahmen von Infektionen weitere, deutliche Abfälle der GFR drohen. Hier bieten sich im fortgeschrittenen Alter einfache Insulintherapieschemata wie die einmalige Basalinsulingabe oder die konventionelle Insulintherapie mit der Gabe von 2 × täglich Mischinsulin nach einem Spritzplan an.
Author information
Consortia
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Springer Medizin. Metformin für nierenschwache Senioren?. MMW - Fortschritte der Medizin 160, 19 (2018). https://doi.org/10.1007/s15006-018-0225-6
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-018-0225-6