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Prof. Dr. med. Gustav J. Dobos Klinik für Naturheikinde und inetegrative Medizin, Essen

_ Dieses Beispiel zeigt, dass Angst und Depression eine Behandlung empfindlich stören können. Dennoch schrecken viele Patienten davor zurück, einen Nervenarzt aufzusuchen, weil sie diese Diagnosen als Stigma empfinden. Eine Depression zu behandeln kann jedoch ganz entscheidend dabei helfen, Schmerzen zu lindern. Bei Krebskranken kann eine antidepressive Therapie das Überleben verlängern.

Konventionelle Psychopharmaka erweisen sich jedoch — zumindest bei leichten und mittleren Stimmungsschwankungen — als wenig hilfreich: Viele Patienten brechen die Behandlung wegen zu starker Nebenwirkungen ab, die Therapieerfolge sind mäßig, der Placeboeffekt ist hoch.

Oft werden deshalb komplementärmedizinische Therapien eingesetzt. Während einzelne davon bei der Behandlung der Depression positiven Nutzen zeigen, ließ man beim Einsatz von Phytopharmaka wie Johanniskraut bislang Vorsicht walten: Seine Wirksamkeit ist unbestritten, gefürchtet sind jedoch Wechselwirkungen z. B. mit einer Chemotherapie.

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Johanniskraut — hoch wirksam bei komorbiden Depressionen, sofern keine Interaktionen mit anderen Medikamenten zu befürchten sind.

© Marina Horvat / imagebroker / mauritius images

Johanniskraut — Mittel der ersten Wahl bei depressiven Störungen

Nach einer Übersichtsarbeit unserer Arbeitsgruppe, die nach den Prisma-Richtlinien und den Empfehlungen der Cochrane-Collaboration erstellt wurde [Haller H, Anheyer D, Dobos G, Cramer H. BMC psychiatry. 2018. Accepted], weist Johanniskraut die beste Evidenz auf und ist auch bei schwereren Depressionen ebenso wirksam wie Serotoninwiederaufnahmehemmer oder trizyklische bzw. tetrazyklische Antidepressiva, hat jedoch signifikant weniger Nebenwirkungen. Allerdings müssen die vielfältigen Interaktionen mit anderen Wirkstoffen beachtet werden.

Komplementärmedizinische Verfahren zeigen ebenfalls gute Wirkungen, erhalten aber wegen der geringeren Qualität der Studien eine abgeschwächte Empfehlung. Hierzu zählen Licht-, Tanz- und Musiktherapie als adjuvante Verfahren sowie die Mindfulness-based Cognitive Therapy (MBCT), die der Gabe von Antidepressiva und einer Standardpsychotherapie bezüglich der Reduktion des Rückfallrisikos deutlich überlegen war. Für Akupunktur, Yoga, Massage, Achtsamkeit, Safran, Curcuma, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D zeigen Studien bei somatisch erkrankten Patienten mit komorbider Depression zwar antidepressive Effekte, bei primärer depressiver Störung lassen sich aktuell jedoch keine verlässlichen Effektivitätsaussagen ableiten.