figure 1

Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Haunerschen Kinderspital, München

_ Für eine Studie wurden in Texas 758 Hochschulstudenten im mittleren Alter von 20 Jahren zu eigenen Gewalterfahrungen befragt. 61% waren weiblich. 68% der Probanden berichteten, als Kinder von den Eltern körperlich gezüchtigt worden zu sein, was in den USA grundsätzlich nicht verboten ist. 19% hatten in den ersten Partnerbeziehungen in der Jugend Gewalt erfahren.

Statistisch ergab sich eine klare Assoziation zwischen den beiden Arten von Gewalterfahrungen (Odds Ratio 1,30; 95%-Konfidenzintervall: 1,07–1,59). Der Zusammenhang war unabhängig von Geschlecht, Alter und ethnischer Herkunft der Befragten sowie vom Bildungsstatus der Eltern.

KOMMENTAR

In Deutschland wurde die körperliche wie auch die seelische Züchtigung von Kindern durch Erziehungsberechtigte im Jahr 2000 verboten. Trotzdem zeigen sozialwissenschaftliche Studien, dass immerhin 11% der Eltern ihre Kinder noch körperlich züchtigen.

Der Begriff „dating violence“ ist dagegen in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Dabei zeigt die texanische Studie: Gewalterfahrung im Kindesalter kann ein Wegbereiter für Gewalterleben durch erste Partner im Jugendalter sein. Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte sein, dass gezüchtigte Kinder eine höhere Toleranz gegenüber Gewalt entwickeln. Die Erfahrung der wiederholten Demütigung durch Gewalt dürfte weitreichende soziale Folgen für diese Personengruppe haben.

Sind bei Jugendlichen Gewaltspuren erkennbar, sollten primär versorgende Ärzte auch die Partnerbeziehungen hinterfragen. Dies darf kein Tabu sein.