_ In Deutschland wird Mädchen ab dem neunten Lebensjahr eine Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) empfohlen, um Zervixkarzinomen vorzubeugen. Allerdings lösen HP-Viren nicht nur Tumoren an der Zervix aus, auch Plattenepithelkarzinome im Mund- und Rachenraum, an Vulva, Vagina, Anus und Penis sind zumindest teilweise durch HPV bedingt. Auch hier könnte eine Impfung gegen HPV die Inzidenz solcher Erkrankungen deutlich senken.

Wie viele HPV-bedingte Tumoren verhindert werden könnten, hat ein Team um Dr. Nina Buttmann-Schweiger vom Robert-Koch-Institut (RKI) anhand des deutschen Krebsregisters berechnet. Das RKI-Team ging davon aus, dass praktisch alle Zervixkarzinome auf einer HPV-Infektion basieren. Für andere Tumoren nahmen sie aus der Literatur Angaben zur Häufigkeit eines HPV-DNA-Nachweises oder anderer HPV-Marker zur Hand. Danach lassen sich rund 90% aller Plattenepithelkarzinome des Anus, 80% der Vagina, 32% des Penis, 18% der Vulva und 16% des Oropharynx auf HPV zurückführen.

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Frauen profitieren von der Impfung — Männer auch.

© Burger / Phanie / Science Photo Library (Symbolbild mit Fotomodellen)

Die Forscher um Buttmann-Schweiger schauten nun im deutschen Krebsregister für das Jahr 2013 nach solchen Tumoren. Da die HPV-Impfung erst seit 2007 bei Mädchen empfohlen wird, dürfte sie 2013 noch keine Auswirkungen auf die Krebsinzidenz gehabt haben.

Jährlich etwa 1.360 HPV-bedingte Tumoren bei Männern

Von den über 482.000 neu diagnostizierten Tumoren im Jahr 2013 waren knapp 16.000 potenziell HPV-verursacht. Wurden die genannten Häufigkeiten von HPV in den jeweiligen Tumoren berücksichtigt, reduzierte sich die Zahl auf knapp 7.600 HPV-bedingte Krebserkrankungen. Danach ließen sich 1,6% aller Krebsneuerkrankungen 2013 auf eine HPV-Infektion zurückführen.

Rund 6.240 HPV-bedingte Tumoren traten bei Frauen auf, 1.360 bei Männern. Wie erwartet, stellten Zervixkarzinome den größten Teil (58% insgesamt, bei Frauen 71%). Doch immerhin 42% aller HPV-assoziierten Tumoren betrafen nicht den Gebärmutterhals — die Schutzwirkung einer Impfung würde also weit über die Zervix-Ca.-Prävention hinausreichen.

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Humane Papilloma-Viren verursachen harmlose Hautwarzen — und zahlreiche Malignome.

© Patrick Enge Novartis Behring

Unter Männern waren Tumoren im Mund- und Rachenraum die häufigsten HPV-verursachten Geschwülste (47%), gefolgt von Anus- und Penistumoren (jeweils 36 und 17%). Auf Platz zwei bei Frauen fanden sich Analkarzinome (15%), gefolgt von Vulva-, Vaginal- und Oropharyngealtumoren (jeweils 7,5%, 3,6%, und 3,2%).

Fast die Hälfte der Zervixkarzinome wurde bei Frauen unter 50 Jahren beobachtet, bei Anal- und Oropharyngealtumoren lag der Altersschwerpunkt zwischen 50 und 64 Jahren, bei Vagina-, Vulva- und Peniskarzinomen zwischen 65 und 80 Jahren. Die Forscher um Buttmann-Schweiger rechnen kaum damit, dass die Inzidenz von HPV-Tumoren vor 2023 spürbar zurückgeht — dann sind die ersten geimpften Frauen 35 Jahre alt. Erst im Jahr 2038 zählen alle Frauen unter 50 Jahren zu den Impfkohorten.

Die Untersuchung könnte auch die Diskussion über eine HPV-Impfung bei Jungen befeuern — immerhin erkranken jedes Jahr rund 1.360 Männer an vermeidbaren HPV-Tumoren.