_ Oh, wie war es ehedem, doch mit der Schmerztherapie noch so bequem! Da gab es den körperlichen Schmerz, für den die somatisch orientierte Ärzteschaft zuständig war. Ihre Waffen: vor allem die NSAR. Die Behandlung des seelischen Schmerzes war dagegen bisher die Domäne der Psychiater und der Psychopharmaka.

Doch dieses klare duale schmerztherapeutische Weltbild wurde jetzt durch eine im Fachmagazin „Policy Insights from the Behavioral and Brain Sciences“ erschienene Veröffentlichung einfach über Bord geworfen. Forscher der University of California in Santa Barbara haben nämlich herausgefunden, dass NSAR bei jeder Art von Schmerz wirken, also bei körperlichem genauso wie bei seelischem Schmerz. Diese Erkenntnis beruht auf neurophysiologischen Beobachtungen, die zeigen, dass körperlicher und seelischer Schmerz sich an derselben Stelle im Gehirn, nämlich im limbischen System abbilden. Dem Gehirn ist es also egal, ob der Körper oder die Seele leidet. Der Bandscheibenvorfall reizt es in gleichem Maß wie der untreue Partner oder der mobbende Kollege.

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Daraus dürfte sich eine Indikationserweiterung für NSAR ergeben. Neben Rücken- und Gelenkschmerzen könnten jetzt auch Liebeskummer, soziale Verletzungen, Einsamkeit, quasi das gesamte Spektrum seelischen Leids in den Indikationskatalog aufgenommen werden. Angesichts dieser neuen Erkenntnisse sollte jetzt auch der Wirkmechanismus der NSAR nochmals neu überdacht werden. Vielleicht wirken sie ja nur über die Psyche, indem sie diese so beeinflussen, dass zwar der Schmerz nicht wirklich verschwindet, dieser aber dem betroffenen Patienten einfach wurscht wird. Denn selig ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist.