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Prof. Dr. med. A. Wirth Bad Rothenfelde, Deutsche Adipositas Gesellschaft

_ Obwohl Adipositas die Entwicklung kardiologischer Erkrankungen begünstigt, haben sich in den letzten Jahren Vorteile für Adipöse gezeigt, die bereits erkrankt sind und sich einer Herzoperation unterziehen. Das Phänomen wird Adipositas-Paradoxon genannt.

Zu dem Thema gibt es neue Daten aus einer Metaanalyse mit 26 Studien sowie einer prospektiven Kohortenstudie mit 557.720 Patienten, die von 2002–2013 in Großbritannien und Irland operiert wurden. In beiden Studien zeigte sich eine U-förmige Assoziation zwischen der Mortalität und dem Body-Mass-Index (BMI). In der Kohorte war das relative Mortalitätsrisiko im Vergleich zu Normalgewichtigen für Übergewichtige (BMI: 25–29,9 kg/m2) um 21% vermindert, für Adipöse (BMI: 30–40 kg/m2) immerhin um 19%. Für Untergewichtige mit einem BMI < 18,5 kg/m2 war es um 51% erhöht. Die Metaanalyse erbrachte ähnliche Ergebnisse.

Vorteile hatten Adipöse auch dann, wenn eine reduzierte Ejektionsfraktion < 30% des Normwerts vorlag oder ein Zustand nach Schlaganfall bestand — nicht jedoch bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz. Den größten Vorteil brachte Adipositas bei Bypassoperationen. Allerdings entwickelten Adipöse häufiger sternale Wundinfektionen. Untergewicht stellte sich bei allen untersuchten Parametern als erhebliches Mortalitätsrisiko heraus.

KOMMENTAR

Außer bei niereninsuffizienten Patienten hatte eine Adipositas generell Vorteile, was die klinische Beurteilung verändern wird. Bisher wird Adipösen in Leitlinien eine Gewichtsreduktion vor einer Herzoperation empfohlen — bald aber womöglich nicht mehr. Die Mechanismen des Überlebensvorteils sind noch unbekannt. In früheren Studien hatten Adipöse oft eine bessere Herzfunktion und erhielten mehr Pharmaka. Zudem waren sie häufig jünger — so auch hier.