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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, München

_ Von 19 Laboratorien in Ontario wurden die Daten von Patienten gesammelt, die im Zeitraum 2009–2014 positiv auf bestimmte virale Erreger von Atemwegsinfektionen getestet wurden, darunter auch Influenza A und B. Das mittlere Alter lag bei 77 Jahren. Anhand einer Datenbank der Gesundheitsbehörde konnte ermittelt werden, ob diese Probanden in den jeweils 52 Wochen vor und nach der virologischen Diagnose einen Herzinfarkt erlitten hatten. 364 stationäre Aufnahmen wegen eines Myokardinfarkt wurden gezählt.

Die genauere Analyse ergab, dass 20 dieser Ereignisse in der Woche unmittelbar nach der Infektionsdiagnose stattfanden. In den übrigen 103 Wochen gab es im Schnitt nur 3,3 Infarkte. Während des Virusinfekts war die Inzidenz also um den Faktor 6,05 (95%-Konfidenzintervall: 3,86–9,50) erhöht. Unmittelbar danach fiel die Häufigkeit wieder: In der zweiten Woche nach Beginn der Erkrankung war sie noch um das 1,6-Fache, in der dritten Woche um das 1,75-Fache erhöht.

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Am meisten, nämlich mehr als 10-fach, war die Infarktrate bei Influenza B erhöht. Bei Influenza A lag sie um den Faktor 5 und beim humanen respiratorischen Synzytial-Virus um den Faktor 4 höher. Andere Viren waren mit einer 3-fachen Steigerung assoziiert.

KOMMENTAR

Erstmals stützt sich eine Studie auf eindeutig gesicherte virale Atemwegsinfektionen — und es ergibt sich ein 6-fach erhöhtes Infarktrisiko während der akuten Infektion. Damit ist ein bedeutsamer Einzelaspekt des Infektionsrisikos erfasst, der die Indikation zur — immer noch diskutierten — Grippeimpfung bei älteren Personen rechtfertigt.

Nachdenklich macht die Beobachtung, dass 31% der Patienten eine Influenzaimpfung erhalten hatten. Nun ist die Schutzwirkung der Vakzination hinsichtlich Häufigkeit, Schwere und Dauer der Influenza längst bewiesen. Trotzdem können Geimpfte erkranken. Ob dies an mangelnder Immunkompetenz der Impflinge, einem unzureichenden Antigenspektrum des Impfstoffs oder anderen Ursachen liegt, bleibt abzuklären.