_ Die Versorgung psychogener Erkrankungen obliegt in der Bundesrepublik Deutschland überwiegend den Hausärzten. In Erhebungen liegt die Gesamtprävalenz psychischer Erkrankungen in hausärztlichen Praxen zwischen 21% und 52%. Umgekehrt werden Patienten mit psychogenen Erkrankungen zu 60–70% von Allgemein- und praktischen Ärzten versorgt, legt man die Erkenntnisse von psychiatrisch erfahrenen Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin zugrunde. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt ein Positionspapier der Deutschen Rentenversicherung zur Bedeutung psychischer Erkrankungen in der Rehabilitation und bei Erwerbsminderung aus dem Jahr 2012.

Die Abrechnung der psychiatrischen Untersuchung nach Nr. 801 GOÄ sollte deshalb in geeigneten Fällen in keiner Hausarztpraxis übersehen werden.

MMW-KOMMENTAR

Die Nr. 801 GOÄ steht für eine „eingehende“ und damit ausdrücklich nicht für eine „vollständige“ Untersuchung des Patienten. Der Umfang der Untersuchung orientiert sich also an den jeweiligen Erfordernissen. Der Leistungsinhalt kann aber als erfüllt angesehen werden, wenn mindestens drei Elemente einer psychiatrischen Untersuchung wie Bewusstsein, Orientierung, Affekt, Antrieb, Wahrnehmung, Denkablauf oder mnestische Funktionen abgedeckt und dokumentiert werden. Folgerichtig ist ein höherer Multiplikator möglich, wenn der Umfang der Untersuchung größer oder ggf. sogar „vollständig“ ist. Im letztgenannten Fäll wäre eine 3,5-fache Steigerung angemessen.

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Hausärzte kümmern sich um die Psyche.

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Tab. 1 Nr. 801 GOÄ auf einen Blick

Neben der Nr. 801 sind somatische Untersuchungen nach den Nrn. 5–7 sowie die neurologische Untersuchung nach Nr. 800 berechnungsfähig. Definitiv ausgeschlossen ist lediglich der Ganzkörperstatus nach Nr. 8. Der Ansatz der Nr. 801 ist hinsichtlich der Häufigkeit nicht eingeschränkt. Bei schweren oder wechselnden Krankheitsbildern sind deshalb Untersuchungen auch in dichter Zeitfolge möglich, wie das Landgericht Berlin 2008 entschied (Az.: 7 S 47/07).

Eine gleichzeitige Berechnung der Nr. 801 und der Nrn. 804 oder 806 ist möglich, weil sich die psychiatrische Untersuchung auf mehr als nur die in diesen beiden Nrn. beinhaltete „gezielte Exploration“ erstreckt. Auch andere therapeutische Leistungen wie die Krisenbehandlung nach Nr. 812 oder psychometrische Testverfahren nach den Nrn. 856 und 857 sind zusätzlich ansetzbar.