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Beginnt hier eine längere Krankengeschichte?

© carlofranco / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Der Fall

Eine 48-jährige Lehrerin stellt sich vor, weil sie seit drei Tagen an Kreuzschmerzen leidet, die nach der Gartenarbeit aufgetreten seien. Die Schmerzen strahlten nicht aus und seien gleich stark geblieben. Weitere Symptome bestehen nicht. Die körperliche Untersuchung ist unauffällig. Welche Maßnahme leiten Sie ein? CT, MRT oder Röntgen, Überweisung an einen Orthopäden, NSAR oder gar keine?

Don’t! Keine bildgebende Untersuchung veranlassen bei unspezifischem Rückenschmerz, der kürzer als 6 Wochen besteht und bei dem keine „red flags“ vorliegen.

Als „red flags“ gelten Hinweise auf ein Trauma oder eine Fraktur, Tumoranamnese, Infektionen und neurologische Auffälligkeiten. Das heißt, die Patientin braucht keine bildgebende Untersuchung. Man kann ihr NSAR verordnen, muss das aber auch nicht unbedingt.

Die Kreuzschmerzen hörten bei der Patientin tatsächlich von selbst wieder auf. Aber sie kam sechs Wochen später mit der neuen Sorge, sie könnte eine Borreliose haben. Ihre Fingerendgelenke seien dicker geworden und fühlten sich morgens nach dem Aufstehen für kurze Zeit steif an. Funktionelle Einschränkungen bestanden nicht, eine Gelenkschwellung konnte der Arzt auch nicht objektivieren. Außer Heberden-Arthrosen fanden sich keine Auffälligkeiten. Was sollte jetzt unternommen werden? Macht eine Borrelien-Serologie Sinn oder kann man abwarten?

Don’t! Ohne typische Klinik — Mon- oder Oligoarthritis großer Gelenke — sollte man keine Borrelien-Serologie veranlassen. Chronische Schmerzsyndrome sind dafür keine Indikation.

Man muss sich davor hüten, dem Drängen von Patienten nach einer entsprechenden Untersuchung nachzugeben. „Es ist rausgeschmissenes Geld und bringt Sie nicht weiter“, so Prof. Eva Reinhold-Keller, Hamburg. Oft bringt die Serologie auch irgendein irrelevantes positives Ergebnis, und es werden unindizierte Therapien eingeleitet. Es ist jedoch oft nicht ganz leicht, Patienten damit zu beruhigen, dass die Beschwerden nicht typisch für eine Borreliose sind, und sie davon zu überzeugen, dass eine weitere Diagnostik verzichtbar ist.

Die Patientin kam tatsächlich nach drei Monaten wieder, da sie nach dem Korrigieren von Abitur-Klausuren rechtsseitig unter „Tennisarm“-Beschwerden litt. Ein Orthopäde hatte bereits „Rheumawerte“ bestimmt. Im mitgebrachten Laborausdruck waren keine Auffälligkeiten zu sehen, außer dass antinukleäre Antikörper (1:80) vorhanden waren. Die körperliche Untersuchung ergab keine Besonderheiten außer einem Druckschmerz über dem rechten Epicondylus humeri radialis. Erfordert der Antikörperbefund eine immunsuppressive Therapie?

Don’t! Eine Therapie bei einem positiven Antikörperbefund ohne passende klinische Symptomatik ist nicht indiziert. Noch besser: Man veranlasst ohne passende Klinik keine derartige Untersuchung.

Bei 20% der gesunden Bevölkerung lassen sich ANA oder Rheumafaktor nachweisen. Anbieten kann man der Patientin NSAR und/oder Krankengymnastik.