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Dr. Henning Fischer

_ Es ist ja nicht so, dass der bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) eine revolutionäre, neue Idee war. Auch vor seiner Einführung haben viele Hausarztpraxen eigene Medikationspläne gepflegt. Bei uns waren das einfach DIN-A5-Formulare, mit denen wir sehr gut zurechtgekommen sind. Vor einem Jahr haben wir dann gemäß dem gesetzlichen Auftrag alle Patienten auf den BMP umgestellt.

Unsere Erfahrungen mit dem neuen System sind, auf den Punkt gebracht, nicht gut. Das DIN-A4-Format hat sich im Praxisalltag als unhandlich erwiesen. Zudem ist das Design unübersichtlich. Dass z. B. Felder ohne Einnahme mit einer Null gefüllt sein müssen, ist kompletter Unsinn.

Die Handhabung im Alltag kann man nur als grässlich bezeichnen. So ist die Übernahme von Vorverordnungen erst seit Kurzem möglich. Auch muss jede Einheit derzeit händisch eingegeben werden. Früher wurde von der Software z. B. „St“ eingetragen — das muss jetzt per Hand in „Stück“ geändert werden.

Eine häufige Fehlermeldung betrifft angeblich ungültige Pharmazentralnummern. In unserer Praxis kommt das oft vor, wenn wir ein Update der Medikamentendatenbank einspielen oder Fremd-BMP einscannen. In diesen Fällen ist es uns nicht möglich nachzuhalten, was da mal stand — ein Missstand, der im Übrigen auch juristisch bedenklich sein dürfte.

Überhaupt hakt es bei der gemeinsamen Versorgung der Patienten: Der „fließende“ Gebrauch des BMP über Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser hinweg funktioniert überhaupt nicht. Das fängt damit an, dass viele Kollegen überhaupt keine BMP erstellen. In der Apotheke wiederum wird der Plan nicht geändert, wenn ein rabattiertes Präparat substituiert wird. Das darf dann jedes Mal der Hausarzt nachholen. Bei uns im Umkreis verwendet keine einzige Apotheke BMP.

Keine Abstimmung mit Kliniken

Bei den Krankenhäusern kommt ein anderes Problem hinzu: Sie verwenden zwar in der Mehrheit BMP, scannen aber nicht den von uns erstellten ein, sondern erstellen einen eigenen. Wollen wir nun Medikamente direkt aus dem BMP rezeptieren, passen in den meisten Fällen die Packungsgrößen nicht. Beispiel: Enoxaparin 2 Stück — bei vorgesehener Gabe von 6 Wochen. Die Arbeit, das alles umzuschreiben, bleibt also auch hier wieder beim Hausarzt hängen. Man braucht kaum zu erwähnen, dass das „Honorar“ dabei allenfalls 10% der tatsächlichen Kosten deckt.

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Bisher sorgt der neue Plan oft für Ratlosigkeit.

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Für uns stellt sich der ganze Komplex BMP als ein einziges Desaster dar. Die Gesundheitspolitiker sind offenbar unwissend und unfähig. Sie haben ein völlig unausgegorenes Gesetz gemacht — man kennt das von den Terminservicestellen und vielen anderen.

Die KBV ist nicht annähernd in der Lage, die Umsetzung in die Praxis vernünftig zu gestalten. Als Vertretung der Kassenärzte ist sie hier ein Totalausfall. Und zu guter Letzt bekommen auch die Softwarehersteller das Ganze überhaupt nicht in den Griff.

Die Gelackmeierten sind mal wieder die Hausärzte, die den Unsinn ausbaden müssen. Ich schaudere schon, wenn ich an das nun anstehende Versichertenstammdatenmanagement denke. Die Arbeit als Hausarzt wird rasant unattraktiver.